Studien ergeben: Hunde senken frühzeitiges Todesrisiko
Dosenöffner oder Freund?
Man könnte genauso behaupten, die Hunde freuten sich nur, weil sie wissen, dass es gleich raus geht in die Natur oder Futter gibt. Wir seien nur das Vehikel dazu. Die Freude der Hunde gelte dem Dosenöffner oder Chauffeur. Das Gerede von wegen Freude über uns als Person sei nur sentimentales Wunschdenken. Es gibt immer noch Wissenschaftler, die einen solchen Standpunkt ernsthaft vertreten. Nicht wenige unserer hundekritischen Mitbürgerinnen und Mitbürger sehen das ebenso. Nun, ich denke du spürst, dass es echte Freude auf uns als Person ist, die uns unsere Hunde entgegenbringen. Doch das könnte immerhin Einbildung sein. Der letzte Beweis fehlt. Genauer: fehlte.
Echte Gefühle
Inzwischen gibt es etliche wissenschaftliche Untersuchungen, die unser Gefühl bestätigen. Mit nüchternen Messungen von Hormonen, mit Videos vom arbeitenden Gehirn, ja sogar anhand auffälliger Ähnlichkeiten in den Genen von Hund und Mensch, finden Wissenschaftler immer neue Hinweise. Hund und Mensch ticken psychisch und sozial nicht nur ähnlich. Wir tun uns gegenseitig sogar gut. Wenn wir uns über die herzliche Begrüßung durch unsere Hunde freuen, so beruht das nicht auf einer Fata Morgana oder Wunschvorstellung. Es sind reale gegenseitige Emotionen, die unserer Psyche gut tun. Und das gilt auch für die Psyche unserer Hunde!
Sozial eingebunden sein
Hunde wie Menschen sind hochsoziale Lebewesen. Die Gemeinschaft ist für uns nicht nur wichtig, sie ist überlebenswichtig. Es tut uns nicht nur gut, wir brauchen soziale Eingebundenheit und idealerweise Geborgenheit. Der starke Anstieg psychischer Leiden ist wesentlich eine Folge der zunehmenden sozialen Isolierung mitten in den großen Ballungsgebieten. Wir leben viel zu oft anonym ohne echte soziale Bindung – aber den ganzen Tag mitten unter vielen Menschen.
Das nagt an unserer Psyche und mit ihr auch an unserer Gesundheit. Der Hund gibt uns ein Stück soziale Eingebundenheit und persönliche Akzeptanz. Er gibt uns diese aber nicht nur als Ersatz für menschen-gemachte Unzulänglichkeiten. Er tut uns selbst dann gut, wenn wir unter unseren Menschen emotional gut eingebunden sind.
Anerkennung ohne Bedingungen
Der Hund zeigt und empfindet seine Anerkennung und Freundlichkeit quasi ohne Bedingungen. Bei unserer herzlichen Begrüßung nach einem langen Arbeitstag mäkelt er nicht, ob ich alle Einkäufe erledigt habe. Er fragt nicht warum ich schon wieder so spät komme und ob ich Dreck mit meinen Schuhen in die Wohnung gebracht habe. Er möchte auch keine Schulnoten wissen und macht nicht auf (vermeintlich) zu hohes Gewicht aufmerksam. Der Hund beschäftigt sich auch nicht mit Einkommensverhältnissen oder Fortschritten in der Karriere. Er nimmt uns so, wie wir sind.
Entschleunigung
Unsere Hunde denken nicht an die möglichen Sorgen von morgen oder übermorgen. Sie freuen sich unbelastet im Hier und Jetzt. Damit holen sie auch uns Menschen ein stückweit ins Hier und Jetzt. Wir nennen das Entschleunigung.
Natürlich kann man auch mit Hund Hektik erleben. Den Hund etwa per falsch verstandenen Hundesport zu einem Stressfaktor werden lassen. Oder du hast schlicht den falschen Hund für deine Lebensverhältnisse. Das kann schnell passieren, wenn du dir hochentwickelte Arbeitshunde als Partner aussuchst, wie etwa einen Border Collie.
Doch passen die Rahmenbedingungen und wir lassen wir uns auf unseren Hund ein, so wirkt es eben sehr wohltuend. Es ist – das ist meine Überzeugung – eines der hochwirksamen Patentmittel gegen die sich immer schneller hochdrehende Dynamikspirale im Alltags- und Berufsleben. Der ausgiebige gemeinsame Spaziergang in der Natur nach Feierabend, tut so nicht nur unserer Psyche gut.
Antistressprogramm
Eine funktionierende Mensch-Hund-Bindung kann man als hoch wirksames Antistressprogramm für beide Seiten beschreiben. Stress spielt bei passender Gelegenheit durchaus eine positive Rolle. Aber ein ständig hohes Stressniveau schadet der Gesundheit nachhaltig.
Es gibt zahlreiche Nachweise, dass Hunde eine stressmindernde Wirkung auf uns haben. Im November 2017 wurde in der renommierten Zeitschrift „Nature“ eine Studie aus Schweden veröffentlicht. Mediziner der Universität Uppsala haben die Gesundheitsdaten von 3,5 Millionen Schweden über 12 Jahre verfolgt. Zudem haben sie 34.000 Menschen genauer untersucht. Die Wissenschaftler, Mediziner und keine Hundeleute, fanden heraus, dass Hunde bei Singles das Risiko eines frühzeitigen Todes um ein Drittel gesenkt hatten – ein enorm hoher Wert. Darüber hinaus senkten Hunde das allgemeine Risiko, an einer Herz-Kreislauferkrankung zu leiden, um immerhin 11%. Es gibt eine ganze Reihe weiterer Studien zum Zusammenhang von Hund und Gesundheit, Leistungsfähigkeit oder Lernverhalten.
Nicht immer konnte ein positiver Zusammenhang über solche Vergleichsstudien zweifelsfrei nachgewiesen werden. Die positive Wirkung als solche ist aber eindeutig. Das belegen nicht zuletzt auch die Parallelen im Aufbau unserer Psyche.
Wir Menschen mögen Heimtiere
Nicht nur Hunde tun uns gut. Es ist eine universelle Tendenz über alle Kontinente und fast alle Kulturen hinweg, Heimtiere zu halten. Heimtiere meint in Unterscheidung zu Haustieren, die so genannte Nutztiere sein können (Rinder, Schweine, Hühner, Schafe, Ziegen), solche, die keinen Nutzen haben außer unserer Psyche gut zu tun. Das ist keine Erscheinung eines vermeintlich „dekadenten“ Menschen der hochentwickelten Industriestaaten. Indigene Völker im Amazonasgebiet, um ein Beispiel zu nennen, halten durchweg kleine Affen, Papageien, Nasenbären und andere Tiere als Heimtiere. Diese haben keinen so genannten Nutzen.
Streicheln tut gut
Es ist nachgewiesen, dass uns das Streicheln eines Kaninchen oder einer Katze gut tut. Beim Hamster ist dieses Guttun allerdings zumeist ein sehr einseitiger, menschlicher Nutzen. Selbst das Beobachten eines Aquariums tut uns gut, senkt unseren Blutdruck und unser Stressniveau. Das Streicheln und selbst schon die Anwesenheit eines Hundes strahlt eine wohltuenden Wirkung aus. Das wird zum Beispiel in Altenheimen immer häufiger praktiziert. Das Streicheln eines Plüschtiers oder eines Fells zeigt dagegen keine solche Wirkung.
Katzen als Seelenschmuser
Die Hauskatze, die uns neben dem Hund schon seit mehr als 8.000 Jahren begleitet, war bereits im alten Ägypten mehr als nur ein nützlicher Mäusefänger. Sie wurde verehrt und als Heimtier geschätzt. In unserer europäischen Kultur wurde sie allerdings erst in den letzten Jahrzehnten zu einem Heimtier. Heute ist sie in Deutschland das beliebteste Heimtier überhaupt.
Leider gibt es zur Auswirkung des Zusammenlebens auf die Psyche kaum eine wissenschaftliche Untersuchung – weder in Richtung Mensch noch in Richtung Katze. Für Katzenfreunde ist klar, dass wir hier von einer beiderseitigen emotionalen Bindung und Zuneigung sprechen können. Ich bin mir sicher, dass diese Gefühle von uns Tierfreunden, schaut die Wissenschaft hier genauer nach, ebenso bestätigt werden, wie in den letzten Jahren beim Hund. Es wird etwas anderes sein als bei Hunden, aber darin liegt auch der besondere Reiz der Hauskatze. Katzen sind halt anders als Hunde. Aber beide tun unserer Psyche gut. Ich möchte meine Hunde und Katzen jedenfalls niemals missen.
Christoph Jung Seit seiner Kindheit gehören Hunde zu den besten Freunden des Hundeforschers. Die Beziehung Mensch – Hund ist für ihn ein faszinierendes Thema, das ihn täglich beschäftigt und für das er sich auch öffentlich engagiert. Aus seiner täglichen Forschung entstand das Buch „Tierisch beste Freunde“. Jung lebt mit seiner Familie und seinen Hunden in der Nähe von Halle.