Leinenreaktivität

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Leinenreaktivität beim Hund

Allgemeines zum Verhalten

Der Hund hängt bellend und knurrend in der Leine: so oder so ähnliche Situationen sind für viele Hundehalter Alltag und ein Graus zugleich. Andere Uhrzeiten für Spaziergänge, Umwege oder dort spazieren gehen, wo man nicht bekannt ist … – viele werden kreativ und vermeiden jeglichen Hunde- und Menschenkontakt, um unangenehme Situationen tunlichst zu vermeiden. Denn wenn der Hund an der Leine verrücktspielt, sind Scham, Wut oder Enttäuschung ständige Begleiter. Doch weshalb verhält sich der Hund in angeleintem Zustand eigentlich so? Gehen wir der Ursache für Leinenreaktivität beim Hund auf den Grund!

Bei der Leinenreaktivität beim Hund können wir feststellen, gegen wen sie gerichtet ist. Auslösender Reiz können Menschen, Artgenossen oder eine Kombination aus beidem sein. Ersteres allein kommt in der Regel weniger häufig vor. Meist sind es Artgenossen, gegenüber denen aggressives Verhalten gezeigt wird, sobald die Leine mit ins Spiel kommt. Im Freilauf hingegen kann es ganz anders ablaufen.

Was löst Leinenreaktivität beim Hund aus?

Weshalb sich ein Hund an der Leine reaktiv verhält, kann unterschiedliche Gründe haben.

Fehlverknüpfung

Eine sehr häufige Ursache ist die Fehlverknüpfung. Hier hat der Hund gelernt, dass bei Anblick eines anderen Hundes etwas Unangenehmes folgt. Folgendes Beispiel verdeutlicht dies: Hundehalter und Hund gehen spazieren. Der Hund ist angeleint. Sie sehen einen anderen Hund frontal auf sich zukommen. Der angeleinte Hund möchte nun zu diesem Gegenüber und zieht an der Leine nach vorne. Über ein spontanes Zurückziehen der Leine wird er davon abgehalten. Schnell ist die Verknüpfung hergestellt, dass etwas Schmerzhaftes passiert und Herrchen/Frauchen wütend reagiert, wenn er angeleint auf einen Artgenossen trifft. Der Hund kann daraus ein abwehrendes Verhalten an der Leine zeigen, um dieses Gelernte künftig zu vermeiden.

Schlechte Erfahrungen

Auch andere schlechte Erfahrungen können dazu beitragen, dass ein Hund aggressive Verhaltensweisen an der Leine zeigt. Wurde er beispielsweise von einem anderen Hund überfallen und wohlmöglich verletzt, stellt dies ein sehr negatives Erlebnis dar. Der Hund hat erfahren, dass Artgenossen für ihn gefährlich werden können, wenn er angeleint ist, er nicht weglaufen kann und Frauchen/Herrchen ihm nicht helfen können. Zukünftig wird der Hund alles versuchen, um sein Gegenüber auf Abstand zu halten.

Stimmungsübertragung

Stimmungsübertragung kann ebenso negative Auswirkungen auf einen Hund haben und leider auch eine Leinenreaktivität begünstigen, denn unsere Hunde haben eine Antenne für unsere Gefühlsregungen. Sie bemerken unsere Angespanntheit und nehmen unsere Stimmungen wahr.
Hierzu ein Beispiel: Hund und Halter gehen gemeinsam spazieren. Der Hund ist angeleint. Ein anderer Hund kommt ihnen entgegen. Reagiert der Hundehalter in dieser Situation unsicher oder gar ängstlich, indem er beispielsweise die Leine kürzer nimmt und den eigenen Hund mit unsicherer Stimme zu beruhigen versucht, zeigen all diese Elemente ganz deutlich, dass die Situation ganz und gar nicht sicher und entspannt ist. Der Hund spürt die Unsicherheit und die Ängstlichkeit seines Menschen und reagiert dementsprechend. Vielleicht zeigt er Abwehrverhalten, da ihm sein Mensch nun keine Führung und Orientierung mehr bietet. Oder er verhält sich selbst in der Folge unsicher.

Was tun bei Leinenreaktivität?

Um zu einem entspannten und harmonischen Miteinander zurückzukehren, ist es ratsam, sich von einem Hundetrainer professionell unterstützen zu lassen. Doch bis eine sichere Diagnose gestellt wurde und ein entsprechender Trainingsplan erarbeitet ist, sollten Managementmaßnahmen ergriffen werden, um den Alltag gemeinsam zu meistern. Denn hat auf’s Herz, wer möchte schon seine Gassirunden freiwillig auf 5:00 Uhr in der Früh verlegen, nur um anderen Mensch-Hund-Teams aus dem Wege zu gehen?

Sicher kann es sinnvoll sein, nach Möglichkeit ruhige Spazierwege zu wählen und einen möglichst großen Abstand zum auslösenden Reiz zu wahren. Einen Bogen laufen oder ein paar Meter abseits des Weges, können manchmal schon den Druck aus der Situation nehmen.

Springt dein Hund bei Begegnungen immer in die Leine, kann dies Schmerzen und Verletzungen, wie Quetschungen oder Blutergüsse, verursachen. Ein Geschirr kann Abhilfe schaffen. Bedenke jedoch, dass Dich ein großer Hund unter Umständen einfach umreißen kann, da er mit einem Geschirr wesentlich mehr Kraft hat. Im Handel gibt es die unterschiedlichsten Modelle und Materialien. Lasse dich am besten fachmännisch beraten, bevor du für deinen Hund ein Geschirr aussuchst.

Tipps für den Alltag

Eine Leinenreaktivität kann für Hund und Mensch gleichermaßen stressig und kräftezehrend sein. Es ist daher umso wichtiger, in solchen Situationen möglichst ruhig und besonnen zu bleiben. Dein Hund spürt deine Anspannung, wenn du hinter jeder Ecke etwas Schlimmes erwartest. Atme tief durch und stell dich gedanklich positiv ein. Fällt es dir schwer, können diverse Atemübungen dabei helfen, dich emotional zu entspannen.

Suche dir auf jeden Fall Unterstützung von einem Hundetrainer bzw. Hundeverhaltensberater. Dieser kann dir dabei helfen der Ursache des Hundeverhaltens auf den Grund zu gehen. Er wird eine Diagnose stellen und mit dir einen speziell auf deinen Hund und dich zugeschnittenen Trainingsplan entwickeln.

Ein spannendes Feld ist die hündische Kommunikation. Wenn du dich mit diesem Thema näher befasst, wirst du Stresssignale deines Hundes künftig schneller erkennen und folglich schneller darauf reagieren können. Denn oft zeigen Hunde schon sehr früh erste Anzeichen. Aggressives Verhalten, wie etwa der Angriff nach vorne, ist nur eine mögliche Reaktion von vielen. Viel früher schon können ein abwendender Blick, Züngeln oder auch plötzliches verstärktes Schnüffeln Vorboten sein.


KristinaKristina Ziemer-Falke ist zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensberaterin durch die Tierärztekammer Schleswig-Holstein und das Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Darüber hinaus verfügt sie über viele Zusatzausbildungen und Schwerpunkte und ist im Prüfungsausschuss der Tierärztekammer Niedersachsen für die Hundetrainerzertifizierungen.
Mit ihrem Mann Jörg Ziemer gründete sie das Schulungszentrum Ziemer & Falke, in dem sie seit vielen Jahren mit viel Herz, Leidenschaft und Kompetenz Hundetrainer in ganz Deutschland ausbilden und viele Weiterbildungsangebote anbieten. Viele kennen Kristina außerdem als erfolgreiche Autorin von Fachbüchern für Hundetrainer und Hundehalter sowie aus Artikeln beliebter Hundezeitschriften. Als Dozentin ist Kristina Ziemer-Falke sehr gefragt und deutschlandweit auf Seminaren und Vorträgen zu Themen rund um den Hund anzutreffen.


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