Wolfbegegnung in freier Wildbahn
Dass Menschen einem Wolf in freier Wildbahn begegnen, ist selten. Wenn es doch passiert, kann daraus ein einzigartiges Erlebnis werden, vorausgesetzt, man verhält sich richtig. Klaus Hackländer ist deutscher Wildbiologe und Professor für Wildtierbiologie und Jagdwirtschaft an der Universität für Bodenkultur Wien. In seinem Buch „Er ist da“ beschreibt er, was zu tun ist, wenn der außergewöhnliche Fall einer Wolfbegegnung eintritt.
Ist der Wolf eine Gefahr für uns?
Statistiken zeigen Hackländer zufolge, dass Wölfe nur eine geringe Gefahr für Menschen darstellen. Tollwut wäre ein Risikofaktor, die ist aber in unseren Breitengraden ausgerottet. Ein weiteres Risiko stellen Wölfe dar, die an Menschen gewöhnt sind. Hier wäre es theoretisch denkbar, dass sie näherkommen, wobei auch hier klar zu sagen ist, dass Menschen nicht ins Beuteschema des Wolfes gehören.
Ein dritter Punkt, den wir berücksichtigen sollten, sind Kinder oder generell kleine Menschen, die vor dem Wolf flüchten. Hier wäre eine Verwechslung mit Beute theoretisch möglich, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich. Es ist sinnvoll, den Kindern, die in Wolfsgebieten aufwachsen, beizubringen, dass Weglaufen keine gute Idee ist.
Wölfe wittern uns lange vor der eigentlichen Begegnung. Sie riechen und sie hören uns. Im Allgemeinen haben sie kein Interesse, uns über den Weg zu laufen und ziehen sich zurück, bevor es dazu kommt. Es sei denn, wir stolpern zufällig über deren Behausung mit Welpen. Niemals wird ein Wolf seine Nachzucht allein lassen. Er wird bleiben und sie verteidigen.
Was tun bei einer Wolfbegegnung?
Die Ausnahme ist eingetroffen, und ein oder mehrere Wölfe stehen vor dir. Trotz der Tatsache, dass für uns keine direkte Gefahr von den Wölfen ausgeht, kann ein solches Aufeinandertreffen als bedrohlich empfunden werden. Umso wichtiger ist es deshalb, darüber aufgeklärt zu sein, wie man sich am besten verhält.
- Strecke deine Arme hoch, um groß zu erscheinen
- Bewege dich langsam rückwärts weg, immer mit dem Gesicht zum Wolf
- Sollte sich der Wolf dir nähern: Sei laut (rufen, schreien, Stöcke werfen oder kicken) und signalisiere dem Wolf so, dass er nicht willkommen ist, und dass du die Situation kontrollierst.
Allgemeine Regeln zur Prävention von Stress im Zusammenhang mit einer Wolfbegegnung:
- Bringe deinen Kindern bei, sich richtig zu verhalten und lasse sie nicht unbeaufsichtigt in Wolfsgebieten
- Führe Hunde in Wolfsgebieten immer an der Leine
- Lass´ keine Nahrung im Wald zurück
- Nimm´ deine Abfälle immer mit
- Verbrenne deine Abfälle nicht im Wald
- Hinterlasse keine Exkremente im Gelände
Gehörst du zu denjenigen, die sich nicht vor einer Wolfbegegnung fürchten? Dann herzlichen Glückwunsch! Wenn die Situation es hergibt (ausreichende Distanz, persönliche Einschätzung…), kannst du den Wolf ruhig beobachten, ihn fotografieren oder filmen.
Wolfsangriffe
Wie wahrscheinlich ist es, dass ein Wolf einen Menschen, trotz allem, was wir über ihn gelernt haben, angreift? Im Rahmen der sogenannten NINA-Studie, ausgehend vom norwegischen Institut für Naturforschung, wurden Angriffe von Wölfen auf Menschen 18 Jahre lang (2002-2020) analysiert. Man kam zu dem Ergebnis, dass man einen Angriff durch einen Wolf niemals gänzlich ausschließen kann. Genauso wenig übrigens, wie durch andere Wild- oder Haustiere. Jedoch ist die Wahrscheinlichkeit verschwindend gering. In Nordamerika und Europa hat es 14 Angriffe in den 18 Jahren gegeben, zwei davon mit tödlichem Ausgang. Wenn es zu einem Angriff kommt, hat es meist im Vorfeld schon Auffälligkeiten gegeben. Beispielsweise wurden die Wölfe angefüttert. So haben sie einerseits ihre Scheu vor Menschen verloren, andererseits ein höheres Interesse am Menschen entwickelt. Auch Tollwut war verantwortlich für aggressives Wolfsverhalten. In Deutschland gibt es seit 2008 keine Tollwut mehr, auch europaweit ist sie fast ausgerottet.
Solltest du zu den Glücklichen gehören, die einen Wolf in freiem Gelände zu Gesicht bekommen haben, ist es ganz wichtig, diesen Vorfall zu melden. Am besten den nächstgelegenen Wolfsberater*innen, oder aber auch der Jagdbehörde. Dein Bürgerbüro vor Ort kann dir da sicher Auskunft geben.
Melanie Roloff ist dreifache Mutter, Ehefrau und Tierbesitzerin. Als leidenschaftliche Yogalehrerin und Hobbyautorin inspiriert sie Menschen mit ihren Geschichten. Gemeinsam mit ihrer Familie und ihren zwei Hunden Phaléne Lilly und Chihuahua Sammy, lebt sie in Bayern.