So stoppst du das Anspringen
Hintergrundwissen zum Anspringen
Den Ursprung des – für uns unerwünschten – Verhaltens kannst du bei jungen Wölfen beobachten. Die Mutter kehrt von einem Jagdausflug zurück und würgt vorverdautes Futter für ihre Welpen hervor. Die Kleinen springen daher aufgeregt an ihr hoch und versuchen, die Mundwinkel der Mutter zu belecken, um an ihr Maul und das Futter zu kommen. Dieses freudige Begrüßungsritual können wir noch heute bei unseren Haushunden erleben. Wir kehren heim und der Hund möchte so nah wie möglich an unser Gesicht gelangen. Das Anspringen ist demnach ein natürliches und in diesem Fall nicht aggressives Verhalten des Hundes – zumindest, wenn es um den Augenblick der freudigen Begrüßung geht.
Beobachte zunächst Dein eigenes Verhalten
Du kehrst von deinen Ausflügen zwar nicht mit Futter zu deinem Vierbeiner zurück, aber er bekommt trotzdem etwas von dir, wenn er dich überschwänglich anspringt, nämlich Aufmerksamkeit.
Stelle daher zunächst einmal dein eigenes Verhalten auf den Prüfstand:
- Welche Gefühle, welche Gesten zeigst du deinem Hund, wenn du zur Tür hereinkommst?
- Freust du dich, so fröhlich empfangen zu werden, und bestätigst du das Anspringen mit glücklichen Lauten und liebevollem Streicheln?
Wahrscheinlich, denn da wir uns selber freuen wieder zu Hause zu sein und so freudig begrüßt zu werden, unterstützen wir unbewusst die aufgeregte Erwartungshaltung des Hundes. Wir geben ihm mit unserem eigenen Verhalten das Signal, dass er alles richtig macht. Und das bedeutet: Wir müssen bei uns selbst anfangen, um das Verhalten des Hundes zu ändern.
Lösung: Konsequenz und Nichtbeachtung
Da es sich beim Anspringen um ein natürliches Verhalten handelt, das nicht bestraft, sondern gemäßigt werden sollte, bietet man dem Hund stattdessen ein Alternativverhalten an. Das bedeutet: „Du darfst dich freuen und mich begrüßen, aber die Füße bleiben dabei auf dem Boden.“
Ignoriere das Verhalten Deines Hundes
Beim Anti-Anspring-Training ist ein Aspekt besonders wichtig: Du! Wirklich jedes Mal, wenn du nach Hause kommst, musst du standhaft bleiben und das Anspringen ignorieren! Das ist nicht immer einfach, denn die aufgeregte Freude unseres Hundes schmeichelt uns – endlich jemand, der sich so richtig freut, dass wir wieder da sind! Doch du kannst sicher sein: Auch wenn die Begrüßungssituation demnächst etwas ruhiger verläuft, ist die Freude doch die gleiche.
So gehst du vor:
- Drehe dich kommentarlos zur Seite. Denke daran: Dein Hund möchte eigentlich an dein Gesicht, also bringe die Vorderseite deines Körpers außer Reichweite.
- Drücke ihn nicht mit den Armen runter und spreche auch nicht mit ihm. Jegliche Aufmerksamkeit ist eine Form der Bestätigung.
- Warte den Moment ab, in dem er mit allen Pfoten auf dem Boden steht.
- Und genau dann wendest du dich ihm zu und lobst ihn. Achte bei deinem Lob auf deine Stimme: Lasse deine Stimme nicht zu überschwänglich und hoch klingen, denn dein Hund steht noch unter freudiger Erregung – und mit deiner Stimme kannst du ihn schnell wieder aufstacheln. Ein tiefes „Guuut“ beispielsweise regt nicht auf, sondern beruhigt.
- Streichel ihn kurz zur Belohnung, aber gib kein Leckerchen, wenn du einen besonders gierigen und immer hungrigen Hund hast, denn das könnte nur noch ein Grund mehr für ihn sein, dein Nachhausekommen zukünftig als etwas ganz besonders Aufregendes zu betrachten.
- Vor allem bei Welpen kann es helfen, sich zur Belohnung zu ihnen hinunterzubeugen. So ist dein Gesicht in deren Nähe – mehr wollen die Kleinen meist gar nicht.
Das Wichtigste: Ruhe ausstrahlen! Du kommst nach Hause – na und? Was soll die ganze Aufregung?
Biete Deinem Hund eine Alternative an
Wenn du es geschafft hast, dass dein Hund zwar nicht mehr an dir hochspringt, aber innerlich immer noch „auf dem Sprung“ ist, dann biete ihm eine Alternative an, die er sicher beherrscht. So muss er sich konzentrieren und „vergisst“ seine Aufregung.
- Steht er mit allen vieren auf dem Boden, lass ihn sitzen. Damit gibst du ihm die Gelegenheit, seinen Fokus von der aufregenden Situation deines Heimkommens auf etwas zu lenken, das er kennt und das mit wesentlich weniger Anspannung verbunden ist.
- Betrachte das Sitz-Kommando nicht als Strafe! Bringe es in einem freundlichen Ton vor und lobe – wie unter Punkt 1 erwähnt – mit ruhiger Stimme und Streicheln.
Mache Deine Gäste zu Deinen Verbündeten
Nach einiger Zeit wirst du es geschafft haben, ohne angesprungen zu werden durch die Haustüre zu treten, aber damit ist leider noch nicht alles geschafft. Sabotiert werden deine Erziehungsversuche nämlich leider von anderen: Großeltern, Besuch, Passanten, die ebenfalls fröhlich angesprungen werden – und die leider ganz anders darauf reagieren, als dir lieb ist. Nämlich mit „Das macht doch nichts“ und liebevollem Streicheln oder mit ängstlichen oder empörten Beschimpfungen und Armwedeln. Da hilft nur eins: dranbleiben!
- Erkläre den Menschen in deinem Umfeld, die häufiger auf deinen Hund treffen, wie sie dich bei deinen Erziehungsmethoden unterstützen können. Sage deinen Gästen, dass sie den Hund nicht beachten sollen, solange der aufgeregt an ihnen hochspringt.
- Mache deutlich, dass DU nicht möchtest, dass der Hund springt. Auch wenn das den Besuchern vielleicht gar nichts ausmachen würde. Nur wenn das Anspringen wirklich jeder Person zur Begrüßung tabu ist, hast du die Chance, dass dein Hund dieses Verhalten ablegt.
- Und vor allem: Bitte deine Freunde, DEINE Erziehungsmethoden nicht zu boykottieren oder auch mit guten Ratschlägen zu kommentieren. Das setzt dich nur unter Stress – und der führt in der Erziehung nur selten zum Ziel.
Reagiere vorausschauend
Rufe deinen Hund, der auf alle Fremden zurennt, rechtzeitig zu dir heran, damit es gar nicht erst zu unangenehmen Zusammenstößen kommt. Sollte das doch einmal der Fall sein: Entschuldige dich dafür, dass du nicht aufgepasst hast, und biete von dir aus eine kleine Entschädigung an, wenn dein Hund tatsächlich die Kleidung eines Fremden verdreckt hat. Ehrlichkeit und Verständnis lassen die Aufgebrachtheit des anderen meist schnell verrauchen.
Verzweifle nicht, wenn das Training länger dauert. Ein Verhalten, das seit zehntausenden Jahren im Wolfserbe unserer Haushunde steckt, lässt sich nicht in zwei Tagen abtrainieren. Der eine Hund erkennt schnell, dass ein ruhiges Verhalten belohnt wird, während andere dafür einfach länger brauchen.
Dieser Text wurde erstellt in Zusammenarbeit mit Regina Rademächers: