Goldakupunktur: Ganzheitliche Schmerztherapie

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Goldakupunktur

Leider kann es vorkommen, dass dein Hund an einer chronischen Schmerzerkrankung des Bewegungsapparates leidet. Besitzer schmerzgeplagter Hunde suchen oft nach Alternativen zur dauerhaften Gabe von Medikamenten und stoßen bei der Recherche vielleicht auch auf die Goldakupunktur, eine Spezialform der klassischen Akupunktur. Doch was hat es mit dieser ganzheitlichen Behandlungsmethode auf sich? Zooroyal sprach mit dem Berliner Tierarzt Peter Rosin über Anwendungsgebiete, Wirksamkeit, Kosten und Besonderheiten der Goldakupunktur.

Herr Rosin, worum genau handelt es sich bei der Goldakupunktur?

Peter Rosin: Die Goldakupunktur ist eine Form der Schmerztherapie bei chronischen Schmerzerkrankungen. Im Ergebnis werden nach umfangreicher und ganzheitlicher Diagnostik Implantate aus Feingold an Akupunkturpunkte gesetzt. Diese Implantate verbleiben dauerhaft, für den Rest des Lebens, an diesen Orten und sorgen für einen wiederkehrenden Stimulus am Akupunkturpunkt, sodass die Schmerzantwort des Körpers auf ein chronisches Leiden ausgeschaltet oder spürbar reduziert werden kann.

Welche Erkrankungen können behandelt werden?

Peter Rosin: Dauerhaft wirksame Akupunktur wird von Patienten benötigt, die an einem chronischen Leiden erkrankt sind. Vor allem sind dies orthopädische Schmerzpatienten, aber auch solche, die chronisch wiederkehrende Probleme beispielsweise des Verdauungstraktes oder anderer innerer Organe haben. Auch Patienten mit Anfallsleiden kann häufig sehr gut und nachhaltig geholfen werden. Im Fall von Schmerzerkrankungen haben wir jahrzehntelange Erfahrungen in der Behandlung von Arthrosen der Hüftgelenke, der Wirbelsäule und Bandscheiben sowie aller anderen Gelenke des Bewegungsapparates.

Welche Erfolge werden mit der Goldakupunktur erzielt? Und wo liegen die Grenzen dieser Therapieform?

Peter Rosin: Grundsätzlich führt die Stimulation bestimmter Akupunkturpunkte zur Ausschüttung körpereigener, schmerzregulierender Stoffe wie zum Beispiel Endorphin. Zusätzlich sorgt eine Auswahl an Akupunkturpunkten für die Entspannung chronisch verspannter Muskelgruppen und Faszien (Bindegewebe). Beide Akupunkturwirkungen gemeinsam erzielen eine starke und nebenwirkungsfreie Schmerzreduktion. In deren Folge benutzen die Patienten die zuvor geschonten Anteile ihres Bewegungsapparates mehr und trainieren diese somit auf. Durch dieses Zusammenspiel können überlastete Areale in eine harmonische Bewegungsarbeit zurückgeführt werden.
Die Grenzen des Erfolgs sind erreicht, wenn primär chirurgische Indikationen vorliegen, aber auch für den Fall von Innengelenksentzündungen oder natürlich auch bei bösartigen Tumorleiden. Die Regeneration nach den eben besprochenen Mechanismen fällt sehr alten Hunden gegebenenfalls schwer, weshalb auch das Alter des Patienten mit eine Rolle spielt. All diese Faktoren werden bei jedem Patienten im Vorfeld individuell bewertet.

Welche Rassen werden besonders häufig mit Gold behandelt?

Peter Rosin: „Osteoarthrose“-Erkrankungen ziehen sich durch faktisch alle Rassen. Besonders häufig erkranken diejenigen Tiere, deren Rasse mit den meisten Gendefekten weitergezüchtet wurde oder wird, so zum Beispiel Old English und English Bulldog. Die häufigste Grunderkrankung der meisten Hunderassen ist die Hüftgelenkdysplasie. Stark betroffene Rassen sind Labradore, Deutsche Schäferhunde, Golden Retriever, und viele mehr. Aber ich finde es zu wenig beachtet, dass das „Kleinzüchten“, die Selektion auf Kleinwuchs wie bei Dackeln, bestimmten Terriern, Möpsen und Co. stets zu Lasten der Hüftgelenke geht. Eben bei diesen Rassen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie Arthrosen entwickeln.

Wie sieht es bei stark beanspruchten Gebrauchshunden wie etwa jagdlich geführten Tieren aus?

Peter Rosin: Starkes Beanspruchen eines Organs führt zu Verschleiß. Dies gilt auch für den Bewegungsapparat. Deshalb ist häufig die phänotypische Selektion von Hunden für den Gebrauch deutlich besser und rationaler geprägt, als der Erwerb eines Familien-Kuschelhundes. Gebrauchshundeselektion erfolgt auf Basis medizinischer und sportlicher Performance des Individuums, sodass die Chance auf schwere Erkrankungen durch den Nutzungszweck deutlich reduziert wird.

Gibt es Nebenwirkungen oder Risiken?

Peter Rosin: Die Goldakupunktur ist frei von negativen Nebenwirkungen. Weitestgehend berechenbare und für den Anästhesisten täglich „normale“ Risiken bestehen üblicherweise bei der in der Regel notwendigen Sedation (Leichtnarkose). Dass ein Implantat so unglücklich gesetzt werden kann, dass es mechanisch oder funktionell stört, ist bei einem erfahrenen Tierarzt nur sehr gering wahrscheinlich.

Kommt es vor, dass die Goldakupunktur nicht den erwünschten Erfolg bringt?

Peter Rosin: Leider schafft auch der erfahrenste Therapeut keine 100%-ige Erfolgsquote. Dass die Therapie komplett erfolglos blieb, begrenzte sich in der Vergangenheit bis heute allerdings auf nur sehr wenige Einzelschicksale.

Wie wird die Akupunktur durchgeführt?

Peter Rosin: Zunächst werden umfangreiche Voruntersuchungen durchgeführt. Von der Vorberichtserhebung bis zur bildgebenden Diagnostik werden alle klinischen und gegebenenfalls Laborparameter erhoben. In der Regel wird eine Sedation eingeleitet. Die Regionen, an denen Goldimplantate gesetzt werden sollen, werden geschoren und steril gereinigt. An einigen Akupunkturpunkten müssen die Implantate zur korrekten Positionierung über einen kleinen Hautschnitt und eine dort eingeführte Hohlnadel eingebracht werden. Da dies für sehr viele Punkte sehr zeitaufwändig würde, habe ich zudem eine ergänzende Injektionstechnik entwickelt. Sie hat den Vorteil, dass dem Patienten Narkosezeit erspart wird.

Mit welchem finanziellen Aufwand muss man für die Behandlung rechnen? Falls eine OP-Versicherung besteht: Werden die Kosten durch diese gedeckt?

Peter Rosin: Die Kosten hängen von der Schwere der Erkrankung und vom diagnostischen und therapeutischen Umfang ab. Deshalb variieren die Gesamtkosten von Patient zu Patient zwischen 1.300 und 4.000 Euro. Die Uelzener Versicherung etwa übernimmt die Kosten nicht. Neuere Vertragsarten der Helvetia haben die Goldakupunktur eingeschlossen. Bestimmte Vertragsarten aller Versicherer sehen einen 20%-igen Selbstanteil vor. Es macht also Sinn, sich ein individuelles Bild der Leistungsauswahl bei dem Versicherungsunternehmen seines Vertrauens zu machen, sich im Internet zu belesen und sich beraten zu lassen.

Wie sieht die Nachsorge aus?

Peter Rosin: Wir empfehlen häufig, im Anschluss eine physiotherapeutische Begleitung in Anspruch zu nehmen, denn es kann im Verlauf des muskulären Um- und Aufbaus durchaus zu Muskelkater kommen. Bei Bedarf erstellen wir Bewegungsprogramme für die ersten Wochen. Zusätzlich finden Nachuntersuchungen statt, in der Regel nach zwei, sechs und zwölf Wochen. Wir begleiten also die Patienten engmaschig über einen Zeitraum von drei Monaten.

Sie wenden eine modifizierte Methode der Goldakupunktur an: Stichwort ‚ganzheitliche Orthopädie’. Was machen Sie anders als andere Tierärzte?

Peter Rosin: Orthopädie ist für mich nicht „das Setzen von Goldimplantaten“. Wir sehen den Bewegungsapparat als ein komplexes, vernetztes Organ, auf welches wir nicht hauptsächlich durch selektive Gelenkchirurgie Einfluss nehmen sollten. Vielmehr wollen wir das Gesamtkonzept von Bewegung und Lastbewältigung verstehen und beeinflussen. Orthopädie sollte deshalb auch nicht nur eine einzige Therapieform nutzen, sondern sich einer Vielzahl von möglichst schonenden Therapiearten bedienen.

Gibt es schulmedizinisch belastbare Studien zur Wirkung der Goldakupunktur?

Peter Rosin: Nein. Und es wird auch unmöglich sein, solche Studien zur jeder Akupunkturpatient ein Individualfall ist. Zudem würde sofort das ganzheitliche Konzept und damit ein Garant für den Erfolg wegfallen müssen, wenn man beispielsweise sagte, man behandele einen Patienten mit einer Placebo- Wirkung und einen anderen anders: Das Knie von Hund 1 hat andere Belastungsparameter als das Knie von Hund 2. Vergleichsstudien sind also weder an ein und demselben Patienten noch zwischen mehreren Individuen zuverlässig möglich. Diese Methode ist und bleibt auf jeden einzelnen Patienten individuell maßgeschneidert.

 

Einen Einblick ins Thema „Goldakupunktur“ bekommst du zusätzlich hier:


Peter Rosin ist seit 1990 Tierarzt. 1993 eröffnete der Berliner seine erste eigene Praxis in der Bundeshauptstadt. Es folgte die Gründung weiterer Praxen in Falkensee (Brandenburg) und Köln. Der Veterinär, Buchautor, Dozent und Berater verbindet die Schulmedizin mit alternativen Diagnose- und Heilverfahren. Als Vertreter einer ganzheitlichen Tiermedizin hat sich Peter Rosin insbesondere auf dem Gebiet der Goldakupunktur einen Namen gemacht. Diese Form der Schmerztherapie wurde in den späten 70er Jahren in den USA entwickelt. Seit den 90er Jahren wird sie nun auch in Deutschland mit hervorragenden Ergebnissen praktiziert. Bis heute haben Peter Rosin und sein Team weit über 8.000 Hunde aller Rassen mit schweren Gelenkproblemen erfolgreich mit der Goldakupunktur behandelt.

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