Wie erkennen wir die Gefühle der Hunde?
Hunde zeigen uns ihre Gefühle. Aber woher sollen wir wirklich wissen, was sie tatsächlich fühlen? Hunde können nicht darüber sprechen wie wir Menschen. Es bleibt also offen, was der Dackel im Inneren fühlt, wenn er unser Herz mit seinem treuen Blick erweicht. Die Wissenschaft hat verschiedene Zugänge zu unserem Gefühlsleben gefunden. Die Methoden wurden zunächst für uns Menschen entwickelt. Sie funktionieren aber genauso gut bei Hunden. Schon sehr lange können wir die elektrischen Impulse messen, die von der Arbeit unseres Gehirns ausgehen. Oder wir messen die Veränderungen im Widerstand unserer Haut. Mit solchen Methoden funktionieren beispielsweise Lügendetektoren. Auch der Herzschlag ist ein Indikator für Gefühle.
Beim Bulldog versagten die Messinstrumente
Ende der 1920er Jahre führte der amerikanische Psychologe William T. James umfangreiche Messungen an Hunden verschiedener Rassen durch. Er untersuchte deren Gehirnströme und Reflexe. So konnte er eine recht genaue Einteilung der Hunderassen in verschiedene psychologische Typen vornehmen. Beim Englischen Bulldog kam es zu einem erstaunlichen Effekt. Zunächst einmal zeigten die Bulldogs extrem niedrige Werte. Einmal erregt schossen die Werte binnen Sekunden so hoch, dass die Skala der Messinstrumente nicht mehr reichte. Und so kennen Herrchen und Frauchen ihren Bulldog. Er kann scheinbar voll entschlafen auf dem Sofa dösen, um dann, etwa wenn es klingelt, wie eine Rakete mit grollendem Bass zur Tür zu schießen. Dabei wird alles umgewalzt, was auf dem direkten Weg liegt. Ist die „Gefahr“ vorbei, wird binnen Sekunden wieder das Sofa abgehorcht als sei nichts gewesen.
Die Wissenschaft entdeckt den Hund neu
Lange Zeit war auch die Wissenschaft um den Hund eingeschlafen. Das hat sich in den letzten Jahren gründlich geändert. Man nimmt heute die modernsten Verfahren, um viel genauer in den Hund hineinzuschauen. Das gilt im wahrsten Sinne des Wortes. Der ungarische Biologe Ádám Miklósi und der amerikanische Psychiater Gregory Berns untersuchen Hunde mit einem Tomografen. So kann man dem Gehirn bei der Arbeit zuschauen. Tatsächlich zeigt die Arbeit beider Gehirne, die des Menschen und die des Hundes, erstaunliche Ähnlichkeiten. Und sie zeigt ebenso die emotionale Nähe beider Spezies ganz objektiv. Wenn Herrchen oder Frauchen ihren Hund sehen, werden dieselben Gehirnregionen aktiv, wie beim Anblick der eigenen Kinder. Bei den Hunden ist es genauso, und das schon, wenn sie ihr Herrchen oder Frauchen nur riechen. Das konnte Gregory Berns 2017 anhand der mit seinem Tomografen erzeugten fMRT-Filme belegen. Sieht man eine fremde Person oder einen fremden Hund, so bleiben diese Regionen inaktiv. Nur bei dem eigenen, vertrauten, ans Herz gewachsenen Gegenpart gibt es eine typische Gehirnaktivität.
Das Belohnungs- und Vertrauenszentrum
Diese Region, die beim Anblick des eigenen Hundes aktiv wird, ist der Nucleus caudatus. Er gilt als das Belohnungs- und Vertrauenszentrum. Das Interessante: Wenn dein Hund dich anschaut,
Hormone wie Oxytocin
Diese fMRT-Messungen sind aber nicht der einzige objektive Zugang zu den Gefühlen von Mensch und Hund. Wir haben heute Einblick in die Funktion der Hormone und können sie problemlos messen. Bekannt ist das Hormon Oxytocin, das als Bindungshormon gilt. Tatsächlich hat es diese Wirkung aber nur im kleinen Kreis Vertrauter. Seine besondere Bedeutung hat Oxytocin bei allen Säugetieren, die ihre Jungen über längere Zeit aufziehen müssen. Es fördert zunächst die Bindung zwischen Kindern und Müttern und macht uns toleranter gegenüber nervenden Dingen wie das Schreien eines Babys. Bei Oxytocin sehen wir wieder dieselben Effekte wie bei den Gehirnaktivitäten. Das Hochschnellen des Oxytocinspiegels hat man zum Beispiel bei der Begrüßung von Herrchen oder Frauchen und ihren Hunden messen können. Und auch hier wieder auf beiden Seiten gleichermaßen. Es ist also echte Freude über Freunde. Den passenden Gegenpart gibt es auch. Hunde können sogar wie wir eifersüchtig werden. Das fand man bereits 2014 heraus.
Bedeutung für die Behandlung psychischer Krankheiten
Solchen Ähnlichkeiten zweier Spezies, die eine Besonderheit im Tierreich sind, gehen Forscher nun anhand der Gene nach. Besonders spannend sind die Genabschnitte, die sich beim Domestikationsprozess vom Wolf zum Hund verändert haben, die aus dem wilden Wolf einen Freund, Arbeits- und Kooperationspartner des Menschen machten. Dazu untersucht man die genetischen Unterschiede zwischen den verschiedenen Hunderassen. Auf der ersten „Canine Science Conference“ in Phoenix/USA, berichtete Harvard-Professorin Elinor Karlsson und ihre Assistenzprofessorin Kathrin Lord vom aktuellsten Stand der Forschungsarbeit. Mit sehr großem finanziellem Aufwand wird derzeit eine riesige Gendatenbank zu Wölfen, Hunden und Hunderassen aufgebaut. Das Ziel ist die Entwicklung einer neuen Generation von Psychopharmaka für den Menschen, deren Wirkung über die Aktivierung oder Abschaltung ganz genau bestimmter Genabschnitte (SNPs) funktionieren soll. Diese Genabschnitte will man mit der Untersuchung der Hunde identifizieren. Das macht nur Sinn, wenn Menschen und Hunde psychisch sehr ähnlich ticken. Man kann nur hoffen, dass unsere Hunde dann nicht zur Erprobung der neuen Psychopharmaka missbraucht werden.
Sozial und emotional
Diese erstaunlichen Ähnlichkeiten zweier Spezies waren die Grundlage, dass Mensch und Wolf überhaupt zusammenkommen konnten. So verbinden uns gut 30.000 Jahre gemeinsames Leben, Arbeiten, gute wie schlechte Zeiten. Ein weiteres Indiz für diese besondere Beziehung geben uns die Verhaltensbiologen. Forscher aus Wien um Professor Ludwig Huber haben gezeigt, dass Hunde menschliche Gefühlsausdrücke, etwa Wut und Freude, besser unterscheiden können als jedes andere nicht-menschliche Tier. Das gelang Hunden noch, wenn die Bilder gehäckselt worden waren. Hier waren sie sogar besser als wir Menschen selbst. Hunde verändern gezielt ihren Gesichtsausdruck, um uns Menschen zu erweichen. Sie haben das Bellen entwickelt zur Kommunikation mit uns Menschen. Hunde kennen und erkennen die Regeln der Menschen an. Sie sind zu einem auch emotionalen Bestandteil unserer Sozialstruktur geworden. Wir sollten unsere Hunde deshalb nicht vermenschlichen. Doch wir können etwas unbefangener und vertrauter mit ihnen durch unser Leben gehen. Sie fühlen in Vielem wie wir Menschen auch.