Lawinensuchhund: Lebensretter auf vier Pfoten

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Lawinensuchhund

Als Hundehalter ist für dich klar, dass dein Hund dein Leben im Alltag bereichert. Nicht ganz so selbstverständlich ist uns allen aber, dass für einige Hunde Leben-Retten zum Alltag gehört. Zu diesen Lebensrettern auf vier Pfoten gehört etwa der Lawinensuchhund. Er arbeitet mit seinem Hundehalter als Team meistens ehrenamtlich – aber mit ordentlicher Ausbildung.

Stellenausschreibung: Lawinenhund

Zwar gibt es grundsätzlich keine Einschränkung nach Rasse, aber aus den schweren Einsatzbedingungen ergeben sich ein paar Punkte, die beachtet werden sollen: Ein Lawinensuchhund darf nicht ständig im Schnee einbrechen und muss bei Einsätzen vom Hundeführer auch mal gehoben werden können, beispielsweise um im Hubschrauber transportiert werden zu können. Ist der Hund wiederum zu klein, kommt er im Tiefschnee nicht vorwärts. Kniehöhe ist eine gute Größe, diese Hunde wiegen meist zwischen 15 und 45 kg. Der Hund sollte gesund sein und Kälte vertragen, da Lawinenhunde oft mehrere Stunden bei Schnee und Wind unterwegs sind. Eine psychisch gute Verfassung sollte Grundvoraussetzung sein, um auch unter widrigen Bedingungen ganzen Einsatz zu zeigen und seine Leistung abzurufen. Neugier unterstützt ihn, ebenso wie Spaß am Spiel, ein positives Verhältnis zu Menschen allgemein und „seinem“ Menschen im Besonderen – und natürlich einen ausgeprägten Finderwillen. Solltest du also Interesse haben, erkundige dich gut über die Ausbildung und auch darüber, über welche Fähigkeiten du selbst verfügen solltest. Die Beschreibung auf den Hund, sollte auch auf dich passen.

Ausbildung zum Profischnüffler

Der Lawinensuchhund ist darauf trainiert, menschliche Gerüche zu verfolgen. Er kann ihn bis zu vier Metern unterhalb der Schneedecke wahrnehmen. Da bei Lawinen durch die Wucht der Schneemassen häufig einzelne Ausrüstungsgegenstände, zum Beispiel Handschuhe, an denen Menschengeruch haftet, vom Skifahrer getrennt und über weite Flächen verteilt werden, unterscheidet der Hund die Richtung: Es muss der stärkste Geruchsimpuls verfolgt und angezeigt werden, damit keine Zeit verloren geht, weil man an der falschen Stelle zuerst gräbt. Schon nach 15 Minuten sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit stark ab. Dies wird in der Rettungshundeprüfung ebenso geprüft wie Erziehung und Verträglichkeit des Hundes mit anderen Hunden und Menschen. Die Prüfung wird in kurzen Intervallen (halbjährlich bis alle 2 Jahre) wiederholt. Die Ausbildung machen Hund und Hundeführer im Team. Ohne eine ganz enge positive Beziehung zwischen ihnen wird die Ausbildung nicht zum Erfolg führen. Anfänger-Hunde werden zuerst belohnt, wenn sie auf einer freien Fläche auf einen von mehreren dort verteilten Helfern zulaufen. Also: „Menschen sind toll“. Der nächste Schritt wäre, Menschen zu verstecken, vorzugsweise den eigenen mit dem vertrauten Geruch. Erst als letzte Ausbildungsstufe wird dann im Training ein Mensch im Schnee zu Suchzwecken vergraben. Letztlich empfindet der gut ausgebildete Lawinensuchhund aber seinen Einsatz als Spiel. Die Ausbildung sollte innerhalb der ersten drei Lebensjahre beginnen und dauert etwa 2 Jahre. Die erste Prüfung innerhalb der Ausbildung legen die meisten Hunde mit etwa 12 bis 15 Monaten ab.

Sommerferien sind „gestrichen“

Falls du denkst, der Hund ist ein typischer Saisonarbeiter in der Wintersportbranche, liegst Du hier nicht ganz richtig: Das Training findet ganzjährig statt. So bleiben die Mensch-Hunde-Teams eingespielt und bei bester Kondition. Im Sommer gibt es außerdem auch „Ernstfall-Einsätze“ als Vermisstensuchhund bei der Bergwacht, zum Beispiel bei Durchsuchung von Waldflächen.

Lawinenhunde sind nicht old-school

Gerade im Zeitalter modernster Technik erscheint es erstaunlich, dass immer wieder Teams unter so einem hohen persönlichen Einsatz (Hut ab!) und Aufwand für die Lawinensuche ausgebildet werden. Also, warum noch immer Hunde? Weil bisher noch keine Technik und kein Ortungsgerät im Ernstfall so schnell, zuverlässig und „störungsfrei“ arbeitet wie unsere treuen Vierbeiner. Eine tolle Leistung!

Zum guten Schluss: Geschichte und Geschichte(n)

Vielleicht siehst du sogar gerade Barry, den berühmten Bernhardiner mit dem Fässchen um den Hals vor dir, der von 1800 bis 1812 als wahrscheinlich „berühmtester Lawinenhund“ aller Zeiten am großen St. Bernhard viele Leben rettete. Bis zu seinem Tod lebte er sein „Renten-Dasein“ bis 1814 in Bern. Sein Körper wurde 1814 präpariert und steht seitdem im Naturhistorischen Museum Bern. Interessant ist aber, dass ausgerechnet die Hunderasse, heute nicht mehr so häufig als Lawinenhund eingesetzt wird, weil Bernhardiner sehr groß und schwer für den Einsatz im Helikopter sind! Auch wurden früher mehr die kurzhaarigen Bernhardiner zum Einsatz genutzt, da sie sich mit ihrem kurzen Fell besser in Schneemassen bewegen konnten und der Schnee sich nicht erschwerend dem Fell anhängen konnte, wie bei den langhaarigen Bernhardinern.

Übrigens: Auch der echte Barry dürfte heute vermutlich aber wieder mitmachen. Er war nämlich „nur“ etwa 54 cm hoch und wog zwischen 40 und 50 kg, was als recht schlank und klein für einen Bernhardiner gilt, im Vergleich zu heutigen Maßen.

Unter anderem wegen seiner Berühmtheit begann man, die großen Bauernhunde aus der Gegend um den großen St. Bernhard gezielt als eigene Rasse nach einem Idealbild zu züchten. Dabei wurden die Hunde schnell immer größer und schwerer. An dieses Rasse-Ideal passte man schließlich den echten Barry an. 1923 musste das Präparat durch Neuaufbau vor dem kompletten Zerfall gerettet werden. Dabei passte man es gleich ein wenig an den Zeitgeschmack an.


KristinaKristina Ziemer-Falke ist zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensberaterin durch die Tierärztekammer Schleswig-Holstein und das Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Darüber hinaus verfügt sie über viele Zusatzausbildungen und Schwerpunkte und ist im Prüfungsausschuss der Tierärztekammer Niedersachsen für die Hundetrainerzertifizierungen.
Mit ihrem Mann Jörg Ziemer gründete sie das Schulungszentrum Ziemer & Falke, in dem sie seit vielen Jahren mit viel Herz, Leidenschaft und Kompetenz Hundetrainer in ganz Deutschland ausbilden und viele Weiterbildungsangebote anbieten.


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