Trennungsstress bei Hunden: Was hilft?

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Trennungsstress und Trennungsangst bei Hunden

Einen Hund zu haben ist ein großer Traum für viele Menschen, aber für manche Hundehalter kann es auch anstrengend werden – etwa dann, wenn der eigene Hund nicht alleine bleiben kann. Genervte Nachbarn, zerkratzte Türen, Gebell und Gejaule sind die Konsequenzen, wenn ein Hund Trennungsstress erleidet, sobald Herrchen oder Frauchen das Haus verlassen.

Warum Hunde nicht gerne alleine bleiben

Hunde sind soziale Lebewesen. Sie sind es „von Haus aus“ gewohnt in einer sozialen Gemeinschaft zu leben. Gemeinsam macht Vieles nicht nur mehr Spaß, sondern es bringt Sicherheit in das Hundeleben. Das geht bei der Jagd schon los, aber auch bei der Futtersuche, der Aufzucht der Nachkommen usw.. Zudem ist die Außenwirkung imposanter, getreu dem Motto „gemeinsam sind wir unausstehlich“. So ist es schon beeindruckend, wenn eine ganze Gemeinschaft von Hunden auftritt.

Lebt der Hund bei uns zuhause, ersetzen wir den Sozialpartner. Dabei ist dem Hund natürlich völlig klar, dass wir keine Artgenossen sind. Der Hund hat uns Menschen aber so stark in sein Leben integriert, dass Studien mittlerweile belegen, dass er sich stärker am Menschen als an Artgenossen orientiert. Und was soll er nun von uns halten, wenn wir das Haus verlassen? Dies ist für ihn schwer nachvollziehbar, denn jetzt – so denkt er – ist er in der Verantwortung, die Sicherheit des Territoriums weiter aufrechtzuerhalten – nur, kann und soll er das? Auch ist nicht deutlich, was das Weggehen für einen Zweck hat. Es helfen keine Erläuterungen dem Hund gegenüber. Also, aus Sicht des Hundes ein wirklich unnötiges Verhalten seiner Halter, das dem biologischen Zwecke eher entgegengesetzt ist.

Was ist zu tun, wenn der Hund nicht allein bleibt?

Hast du einen Hund, der nicht alleine bleibt, ist es im ersten Schritt sehr wichtig, dass du die Ursache kennst, warum er nicht alleine bleibt. Aufschluss darüber gibt sowohl das Verhalten als auch die Stimmung deines Hundes. Um dies besser einschätzen zu können, kannst du eine Videokamera aufstellen, die deinen Hund bereits einige Minuten, bevor du das Haus verlässt, filmt. Während deiner Abwesenheit sollte die Kamera durchlaufen. Deine Wiederkehr sollte auch aufgenommen werden.

Grob lassen sich drei Ursachen ablesen, warum der Hund nicht alleine bleibt:
• Deinem Hund ist langweilig.
• Er hat das Verhalten, was er zeigt, erlernt.
• Er leidet wirklich unter Trennungsangst.

Hieran erkennst du schon, dass die Ursachen auch mit verschiedenen Emotionen behaftet sind. Einem Hund, der wirklich Stress hat, weil du gegangen bist, geht es emotional auch schlechter als einem Hund, dem „nur“ langweilig ist. Diese Erkenntnis benötigst du für das spätere Training, da sich das erfolgreiche Training nach der Ursache richtet und individuell angepasst wird. Leider ist es nicht immer ganz so eindeutig, sodass auch „Mischformen“ der drei Gründe entstehen können. Wir empfehlen dir, dass du zur genauen Analyse einen ausgebildeten Hundetrainer befragst, der mit dir deine Videos auswerten kann. So hast du einen guten Überblick deines Status quo.

Was du tun kannst…

Wie schon erwähnt, richtet sich das Haupttraining nach der Individualität des Hundes und der Ursache, warum er nicht allein bleiben kann. Generell gibt es aber einige kleine Übungen, die du ergänzend trainieren kannst, um den Hund zu beruhigen.

1. Schlüsselreize ausfindig machen

Beobachte, ab wann dein Hund unruhig wird, wenn du die Wohnung verlassen möchtest. Reagiert er beispielsweise auf die Aufnahme des Schlüssels oder das Anziehen deiner Jacke, so setze diese beiden Schlüsselreize in einen neuen Kontext für ihn. Nimm mehrfach pro Tag den Schlüssel auf und lege ihn wieder hin oder laufe ein paar Schritte damit durch die Wohnung. Beachte deinen Hund dabei nicht und lege den Schlüssel wieder weg. Das Gleiche kannst du mit dem Anziehen der Jacke oder anderen Schlüsselreizen machen. Je häufiger du das schaffst, desto schneller lernt dein Hund, dass diese beiden Gegenstände nun keine Auslöser mehr für dein Weggehen sind. Jedes unnötige Aufstehen des Hundes kostet unnötige Energie. Deshalb wird er schnell das Verhalten einstellen.

2. Keine gespielten Abschiedsrituale

Für den Hund ist es völlig in Ordnung, wenn du dich von ihm verabschiedest, bevor du gehst. Allerdings ist es wichtig, wie du dich dabei fühlst. Leidest du etwa selbst, weil du weißt, dass es deinem Hund nicht gut geht, bekommt der Hund deine Stimmung mit und merkt, dass etwas nicht in Ordnung ist. Ein Teufelskreis entsteht beim Abschied. Auch bemerken Hunde Unsicherheit und Hilflosigkeit – Verhaltensweisen, die unsere Vierbeiner manipulieren. In diesem Fall solltest du auf eine große Verabschiedung verzichten. Geht es dir jedoch gut und du weißt, dass dein Hund nun mal alleine bleiben muss, kannst du durch eine freundliche Verabschiedung ein Ritual aufbauen, was eine gute Stimmung bei deinem Hund hinterlässt. Du ziehst dich an, drehst dich zu ihm und sagst freundlich aus dem Bauch heraus: „Hey kleiner, pass gut auf! Keine Partys, ich komme gleich wieder.“

3. Entfernung bereits in der Wohnung üben

Ein Hund, der nicht alleine bleibt, schaut gerne auch innerhalb der Wohnung, was wir so treiben. Das hat meistens nichts mit einem Kontrollgang bezüglich unserer Person zu tun, sondern eher, dass er sehen möchte, ob auch alles in Ordnung ist und er sich entspannen kann.

Daher laufen Hunde uns gerne mal hinterher. Versuche bereits in der Wohnung, den Hund beispielsweise ins Platz zu legen und dich in einen anderen Raum zu begeben. Dein Hund sollte entspannt (!) abwarten, bis du wiederkommst. Dazu ist es aber nötig, dass der Hund das Signal Platz, das Liegenbleiben und das Auflösen kennt. Das müsste sonst vor dem Training geübt werden. Mit der Zeit kannst du Schritt für Schritt die Abstände erhöhen, also dich weitere Strecken vom Hund entfernen und zeitlich länger wegbleiben. Damit beim Hund jedoch kein Rhythmus entsteht, solltest du die Zeit nicht kontinuierlich steigern, sondern diese immer variieren: Mal 10 sek, mal 20 sek, mal 8 sek, usw.

Wir wünschen dir viel Erfolg bei diesen Einheiten.

 


KristinaKristina Ziemer-Falke ist zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensberaterin durch die Tierärztekammer Schleswig-Holstein und das Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Darüber hinaus verfügt sie über viele Zusatzausbildungen und Schwerpunkte und ist im Prüfungsausschuss der Tierärztekammer Niedersachsen für die Hundetrainerzertifizierungen.
Mit ihrem Mann Jörg Ziemer gründete sie das Schulungszentrum Ziemer & Falke, in dem sie seit vielen Jahren mit viel Herz, Leidenschaft und Kompetenz Hundetrainer in ganz Deutschland ausbilden und viele Weiterbildungsangebote anbieten. Viele kennen Kristina außerdem als erfolgreiche Autorin von Fachbüchern für Hundetrainer und Hundehalter sowie aus Artikeln beliebter Hundezeitschriften. Als Dozentin ist Kristina Ziemer-Falke sehr gefragt und deutschlandweit auf Seminaren und Vorträgen zu Themen rund um den Hund anzutreffen.


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