Ein turbulenter Tag neigt sich seinem Ende zu. Ähnlich der Tage zuvor brachte er mir ein Wechselbad der Gefühle mit einer großen Portion Sorgen, manchmal ein wenig Verzweiflung, aber ebenso (virtuellen) Begegnungen, die mein Herz berührten und mir die eine oder andere Träne über die Wange kullern ließ. Corona – ich kann das Wort nicht mehr hören oder lesen und doch ist der Begriff mit all seinen Auswirkungen präsent.
Leben als Covid-Risikogruppe
Ich bin seit sechs Jahren Verhaltensberaterin (Fachgebiet Katze) und habe einen Teilzeitjob in einer mittelständischen Firma. Mit meinem Freund und einer liebenswerten Katzenomi lebe ich im Rhein-Main-Gebiet, meine Familie wohnt im gleichen Ort, und ich habe einige chronische Zipperlein, die mich in die Covid-Risikogruppe einsortieren. Mein Leben war schon vor Corona anstrengend, aber jetzt merke ich besonders, wie schlecht ich mit meinen Reserven zuvor gewirtschaftet habe. Ich fühle mich unendlich erschöpft und gesundheitlich angeschlagen, gleichzeitig rastlos und getrieben.
Mein Katzen-Business lief bisher recht gut. Ich habe treue Bestandskunden, veröffentlichte zwei Ratgeber und war sogar in Fernsehbeiträgen zu sehen. Vor der Krise hatte ich eine Wartezeit von mitunter vier bis sechs Wochen auf eine Erstberatung. Einen Großteil meiner Tätigkeit verbrachte ich bei meinen Kunden vor Ort oder in bundesweiten Seminaren. Ich liebe diesen Beruf unter anderem, weil er mich mit so vielen verschiedenen Menschen und ihren Katzen in Kontakt bringt und mich in ihre individuelle Welt schnuppern lässt.
Der Tag, der alles änderte
Dann kam Freitag der 13. – eigentlich ist das mein Glückstag! Im letzten September habe ich mir beispielsweise am Freitag, den 13. einen lang gehegten Traum erfüllt und den Motorradführerschein gemacht. Dass Freitag, der 13. März 2020 unser Leben aus den Angeln heben würde, hätte ich natürlich nicht gedacht. An diesem Tag realisierte ich, dass dieses neue Virus ein größeres Problem werden könnte. Ich sagte kurzerhand meine für den Folgetag geplante Geburtstagsfeier ab und haderte noch damit, ob ich es vielleicht übertreiben würde.
Dann ging es Schlag auf Schlag. In meinem Angestelltenverhältnis wurden wir sofort ins Homeoffice geordert und kommunizieren ausschließlich online. Auf fachlicher Ebene haben wir uns schnell in die neue Arbeitssituation gefügt und halten uns mit Galgenhumor bei Laune. Mein Katzenbusiness brach zunächst über Nacht vollständig zusammen. Erst stornierten Veranstalter meine Seminartermine, parallel dazu bot ich meinen Kunden noch vor den Auflagen der Regierung an, Präsenzseminare als Webinare durchzuführen und geplante Hausbesuche auf Fernberatungen via Online-Tool umzustellen. Auf keinen Fall wollte ich ein Risiko eingehen und hatte mit meinen Online-Angeboten eine bereits langjährig erfolgreich erprobte Alternative. Eigentlich…
Wirtschaftliche Probleme lassen nicht auf sich warten
Seit zwei Wochen verlasse ich also kaum noch das Haus. Es fühlt sich deutlich länger an. Gerade heute habe ich mir emotional schwer getan, obgleich ich sonst ein sehr lebensfroher Mensch bin. Ich kann mich auch nicht über mangelnde Arbeit beschweren. Im Gegenteil, ich habe das Gefühl, rund um die Uhr zu arbeiten, obgleich ich erschreckend wenig Umsatz dabei generiere. Es geht vielmehr um Schadensbegrenzung und das Ausloten neuer Möglichkeiten. Wenn mich meine Angst nicht gerade im Griff hat, sehe ich sogar optimistisch in die Zukunft und entwickle Ideen, wie ich meine Kunden noch besser unterstützen kann – jetzt und „nach Corona“. Die Angst, wie es weiter geht, schwingt bei allem irgendwie mit.
Corona mit Katze – Fluch oder Segen?
Tatsächlich mussten aber auch wir uns zunächst auf das neue Miteinander einstellen. Polly musste lernen, dass Frauchen zwar anwesend, aber nicht immer verfügbar ist und dass die Laptop-Tastatur zwar muckelig warm, aber doch kein besonders geeigneter Ort für ihren Mittagsschlaf ist. Sie kennt das alles schon, musste nun aber doch die ersten Tage hart darüber verhandeln, ob ich mich nicht gänzlich ihren Wünschen fügen könnte. So bringt mich meine kleine Katzenomi bei all meinen Sorgen immer wieder zum Lächeln – oder auch zu schallendem Lachen, wenn sie zum Xten Mal den Schwerkrafttest mit meinem Kugelschreiber durchführt. Wenn ich wieder ein paar Stunden am Stück am PC saß, ist sie es, die mich lauthals an meine Pause erinnert – nicht immer zu einem für mich perfekten Zeitpunkt, aber wir haben eine gute Strategie entwickelt, Kompromisse einzugehen. Und so entstanden aus dieser ungewöhnlichen Situation gleichzeitig neue Beratungsansätze, die ich jetzt gezielt anbiete, um die Menschen mit ihren Katzen in der aktuellen Krise auffangen und unterstützen zu können. Vielleicht ist es ja auch eine große Chance, die wir bekommen. Auf jeden Fall genieße ich jede Minute mit meiner selig schlummernden Katzenomi an meiner Seite und bin unendlich dankbar für diese kleine Optimistin.