Deine Katze beißt oder zeigt die Zähne und du fragst dich, warum sie das macht? Wie so häufig bei Verhaltensfragen kann dies in völlig unterschiedlichen Situationen geschehen. Und von harmlos bis gefährlich kann alles dabei sein. Schauen wir uns einige Begebenheiten an, die du vielleicht auch von deiner Katze kennst.
Safety first
Gefährlich wird ein Katzenbiss, wenn dabei die Haut durchdrungen wird und tiefe Verletzungen entstehen. Denn diese entzünden sich leicht. Sollte also deine Katze dich oder eine Partnerkatze jemals mit einem Biss verletzen, dann such bitte einen Arzt auf bzw. stelle die verletzte Katze in eurer Tierarztpraxis vor. Nähere Hinweise zu Erster Hilfe bei Katzenbissen findest du hier im Beitrag über Katzenbisse.
Um dich nicht in Gefahr zu bringen, erschrecke deine Katze nicht und versuche nicht, sie zu berühren, wenn sie gerade sichtbar hoch erregt oder stark verängstigt ist. Dann kann es vergleichsweise leicht zu ungehemmter Aggression kommen. Außerdem kann es angeraten sein, dass du in einem ausführlichen Termin mit einer speziell ausgebildeten Verhaltensberaterin erörterst, wie du eine Wiederholung vermeiden kannst.
Gute Nachrichten
Glücklicherweise kommt es nicht oft dazu, dass Katzen ihre Menschen oder ihre Partnerkatzen wirklich ernsthaft beißen. Wenn sie als Jungkatzen eine gute Sozialisierung erfahren haben, haben sie ihre gefährlichen Waffen gut unter Kontrolle. Viele Katzen können die Intensität eines Bisses gut abstufen, sodass sie z.B. eine Hautfalte oder die Hand ihres Menschen zwischen den Zähnen halten können, ohne dass Löcher entstehen. Menschliche Haut trägt beim Wegziehen eher als befellte Katzenhaut oberflächliche Ratscher davon, die jedoch meist ungefährlich sind. Wenn eine Katze beißt, tut sie das nur in seltenen Fällen mit Verletzungsabsicht. Was kann noch dahinterstecken?
Warum beißt meine Katze ihre Partnerkatze?
Sollte eine deiner Katzen eine Partnerkatze mit Absicht heftig beißen, dann hängt wirklich der Haussegen schief und es besteht dringender Handlungsbedarf. Du hast dann wahrscheinlich auch mindestens eine Katze, die im Alltag oft Angst zeigt. In diesem Fall ist eine Beratung sinnvoll.
Abgrenzung
Häufig setzen Katzen untereinander ein Beißen bzw. ein Schnappen als Kommunikation ein: „Das ist mir jetzt zu viel!“ oder „Geh weg!“. Sie reagieren damit auf eine unangenehme Annäherung oder beenden eine gemeinsame Beschäftigung. Manchmal macht eine Katze so deutlich, dass sie jetzt gerade diesen Platz nicht teilen möchte. Geschieht dies häufiger, kannst du deine Katzen unterstützen, indem du die etwas zu aufdringliche Katze frühzeitig zu dir rufst. Mach ihr ein spannendes oder kuscheliges Angebot, sodass es ihr leichtfällt, ihre Partnerkatze in Ruhe zu lassen. Worüber sich Katzen fast immer freuen, sind ausreichend viele attraktive Plätze für alle. Hast du Platz für eine zweite Heizungshängematte, ein zweites Wärmekissen oder eine zweite Kuschelhöhle?
Kontakt erwünscht
Manchmal sind Bisse aber keine Hinweise auf den Wunsch nach mehr Abstand: Wenn eine Katze einer anderen ins Genick beißt, dann kann es sich um einen Anflug von Sexualverhalten handeln. Es wird dann der Katerbiss während der Paarung nachgestellt. Dabei nimmt ein Kater recht mittig im Genick eine Hautfalte seiner Partnerkatze zwischen die Zähne, während er gleichzeitig aufreitet. Dieses Verhalten ist seltener bei Kätzinnen, aber durchaus häufiger bei kastrierten Katern zu beobachten. Solange die Partnerkatze dadurch nicht gestresst ist, ist kein Einschreiten nötig.
Zu unterscheiden davon sind Bisse, die nicht direkt im Genick, sondern eher seitlich am Hals platziert werden. Diese kannst du vor allem dann beobachten, wenn deine Katzen raufen und Kampfspiele machen. Nicht selten beginnt eine Katze aus dem gegenseitigen Putzen heraus, die andere mit einer Pfote in den Schwitzkasten zu nehmen und in den Hals zu beißen. Wenn beide Lust haben, kann dies der Beginn einer ausgeschlafenen Toberunde sein. Kater spielen gerne körperbetonter als Kätzinnen. Wenn du beobachtest, dass dein Kater häufiger auf diese Weise Spiele anzettelt, die deiner Katze nicht gefallen, dann gib ihm ausreichend Gelegenheit, sich an Kartons, Kongs oder Kuscheltieren abzukämpfen.
Warum beißt mich meine Katze?
Dahinter stecken wahrscheinlich ganz ähnliche Gründe, wie eben schon beschrieben. Weil deine Katze eben eine Katze ist und der Einsatz der Zähne zu ihrem normalen Verhaltensrepertoire gehört. Schauen wir trotzdem noch einmal genauer hin.
Katze beißt beim Steicheln
Dabei handelt es sich meist um einen typischen Fall Abgrenzung im Sinne von „Hör auf!“. Darauf greifen Katzen z.B. zurück, wenn …
… die berührte Stelle schmerzt.
… die Berührung kitzelt oder unangenehm ist.
… wir ihre kleinen Hinweise vorher übergangen haben.
Letzteres können wir dann wohl mit „Es reicht jetzt wirklich!“ übersetzen. Um diese Bisse zu vermeiden, lohnt es sich, deine Katze nicht nebenbei, sondern ganz bewusst zu streicheln. Wo berührst du sie gerade wie? Zeigt sie Anzeichen dafür, dass sie es schön findet? Dann konzentriere dich auf diese Stellen. Oder weicht sie aus, bleibt oder wird passiv oder beginnt mit dem Schwanz zu zucken? Dann solltest du lieber das Streicheln beenden. Wusstest du, dass die meisten Katzen Streicheln nur für ca. eine halbe bis drei Minuten genießen? Nur wenige mögen es noch länger.
Wenn Katzen gefühlt ohne jede Vorwarnung beißen, dann haben sie oft erlebt, dass ihre feinen körpersprachlichen Hinweise übergangen werden. Für dich bedeutet das: Achte mal auf die Feinheiten – bemerkst du dann vielleicht Kommunikationsversuche deiner Katze, auf die du dann reagieren kannst? Falls nicht, hat sie da inzwischen wohl eine kurze Zündschnur. Dann ist es sinnvoll, dass du immer schon nach kurzer Zeit das Streicheln von allein beendest. Wenn deine Katze dich dann aktiv auffordert noch weiterzumachen, lass eine weitere halbe Minute folgen.
Und auch, wenn solch plötzliches Abwehrbeißen für dich unangenehm ist: Ist es nicht toll oder zumindest fair, dass deine Katze in diesem Moment deine Hand nur mit ihren Zähnen festhält, statt dich zu verletzen?
Katze beißt beim Spielen
Wenn deine Katze versucht, mit dir Raufspiele anzuzetteln, kann es eher einmal etwas wehtun, weil der Erregungslevel beim Spielen leicht in die Höhe schießen kann. Dies gilt genauso für Momente, in denen deine Katze deine Hände oder deine Füße als Beuteobjekte für ein Jagdspiel zweckentfremdet. Dafür wird sie sich typischerweise von hinten oder seitlich hinten anschleichen und plötzlich losspringen. Füße werden dabei gerne zur Beute, wenn sie sich von der Katze wegbewegen, leicht wippen oder unter einer Decke hervorschauen. Hände werden z.B. gerne ins Visier genommen, wenn sie auf einer Sessellehne liegen oder an der Tastatur kleine Bewegungen machen.
Wenn deine Katze so eine wilde Spielerin ist, dann sind die Mittel der Wahl:
Umlenken auf passende Rauf- oder Beutespielzeuge im akuten Moment
tägliche frühzeitige Beschäftigungsangebote, sodass deine Katze ihre Lebenslust ausdrücken kann, ohne dich zu erschrecken oder dir wehzutun
Wichtig: Deeskalation
Du hast beim Lesen sicherlich gemerkt: Damit deine Katze dich oder ihre Partnerkatze nicht beißt, ist es an dir, aufmerksam und vorausschauend zu sein. Dann kannst du viele kritische Situationen von vornherein vermeiden oder freundlich entschärfen, indem du den Bedürfnissen deiner Katze Rechnung trägst. Das ist vielleicht anstrengend, gibt dir aber auch jede Menge Gestaltungsspielraum!
Sollte es trotzdem zu einem Beißen kommen: Dann ist deine Rolle die der Friedensstifterin, egal, was gerade passiert ist. Denn du bist die vernünftige Erwachsene und kannst auch jetzt die Situation zum Guten umwandeln. Bleibe so ruhig wie möglich, schimpfe nicht und gib deiner Katze Raum bzw. trenne deine Katzen ruhig voneinander. Dies dient dazu, keine Katze aus Versehen in einen Selbstverteidigungsmodus zu bringen, der tatsächlich gefährlicher werden könnte. Hast du den Frieden hergestellt, kannst du in Ruhe überlegen, wie es dazu gekommen ist. Und was du daraus für das nächste Mal lernen kannst, um dann alles wieder rechtzeitig erfolgreich in friedliche Bahnen zu lenken.
Christine Hauschild lebt mit ihrem Kater in Hamburg. Sie betreibt dort seit über 10 Jahren die Katzenschule Happy Miez und berät Halter in allen Fragen rund um das (Problem-)Verhalten ihrer Katzen. Zusätzlich zu ihrer Arbeit als Katzenverhaltensberaterin bietet sie Seminare und Fortbildungen an. Außerdem ist sie Verfasserin mehrerer Katzenratgeber.