Pferd beißt – was man dagegen tun kann

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Pferd beißt

Vermutet ein Pferd in deiner Tasche ein Leckerli oder stupst es dich spielerisch an, musst du sicher meist schmunzeln und findest das niedlich. Normalerweise ist das auch kein Grund zur Sorge, sondern tatsächlich eine harmlose, aber fordernde Geste. Was aber, wenn sich dieses Verhalten intensiviert, das Pferd zwickt oder es gar wirklich wehtut? Beißt ein Pferd, so ist große Vorsicht geboten, denn die langen Zähne und der kräftige Kiefer können neben blauen Flecken auch ernstere Verletzungen verursachen.

Woher kommt aggressives Verhalten?

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass aggressives Verhalten in den seltensten Fällen wirklich vererbt wird, sondern in erster Linie eine mangelnde Erziehung, unentdeckte Schmerzen oder eine nicht geklärte Rangordnung die Ursachen sind. Dass Pferde sich als Fohlen und Jährlinge gerne austesten und Grenzen prüfen, ist ganz normal. Freches, ungestümes Verhalten ist nicht nur bei Hunden oder auch bei uns Menschen Teil des Aufwachsens, sondern auch bei Pferden. Umso wichtiger ist es, dass der „Familienverband“, bei Kindern sind es die Eltern und enge Familienmitglieder, bei Hunden die Mutterhündin und bei Pferden vor allem andere Fohlen und Mütter in einer Herde, Grenzen deutlich setzt. Werden die Jungtiere zu wild und übermütig, werden sie durch ihre Artgenossen entsprechend gemaßregelt.

Im besten Falle lernen Pferde bereits früh das Fohlen-ABC, wozu das Anlegen eines Halfters gehört oder das Anfassen durch den Menschen, genauso wie das Hufe-geben und am Strick-folgen. Kommt das junge Pferd schließlich in einen Reitstall, wo es den Stallalltag kennenlernt und auch an das Arbeiten mit den Menschen gewöhnt wird, darf man die Erziehung nicht schleifen lassen. Selbstverständlich soll das Pferd seinen neuen Alltag vor allem positiv verknüpfen und sich wohlfühlen, dennoch sollte respektloses Verhalten gegenüber Menschen von Anfang an unterbunden werden, um einen sicheren Umgang jederzeit gewährleisten zu können. Gerade in Reitställen sind immer viele Kinder unterwegs, die aus guter Absicht die vielen Nasen durch die Gitter streicheln oder auch mal ein Leckerli reichen. Ein bissiges oder schwer einzuschätzendes Pferd würde hier schnell zur Gefahr werden, bedenkt man die Größe und das Gewicht eines ausgewachsenen Pferdes oder Ponys.

Ist mit deinem Pferd gesundheitlich alles in Ordnung?

Es ist durchaus möglich, dass der Aggression kein Erziehungsproblem zugrunde liegt, sondern womöglich durch Schmerzen ausgelöst wird. Die Ursachen können vielfältig sein und sollten in jedem Falle in alle Richtungen abgeklärt werden.

Bevor du also an dem Verhalten an sich arbeitest, solltest du unbedingt ein gesundheitliches Problem ausgeschlossen haben. Stelle dein Pferd deinem Tierarzt und/oder einem Osteopathen vor, um sicher zu gehen, dass dein Vierbeiner keine Schmerzen hat, die Grund für das aggressive Verhalten sind.

Was kann man tun, wenn ein Pferd beißt?

Beißt ein Pferd, ist zunächst dafür zu sorgen, dass es niemanden gefährden kann. Sinnvoll ist also beispielsweise ein geschlossenes Fenster in Richtung der Stallgasse und ein Hinweis an der Stallbox. Auch deine eigene Sicherheit steht an erster Stelle, solltest du mit einem Vierbeiner arbeiten, der leider nicht immer gute Manieren an den Tag legt. Vermutlich kennst du das Pferd bereits länger und kannst es recht gut einschätzen, in welchen Situationen es sich aggressiv zeigt. Habe diese Situationen immer im Hinterkopf und sei wachsam. Bist du deinem Pferd etwas voraus, kannst du es mit einem guten Timing in seine Schranken weisen und beispielsweise energisch und bestimmt „Nein“ sagen und deine flache Hand zwischen euch halten, sodass dein Pferd zurückzuckt und die Grenze deutlich wahrgenommen hat. Um dich selbstbewusster zu fühlen, kannst du beispielsweise bei der Bodenarbeit eine Gerte mit auf den Platz nehmen, um leichter eine gewisse Distanz zu schaffen. Die Gerte fungiert hierbei lediglich als Verlängerung deines Armes.

Training und Ursachenforschung

Um aggressives Verhalten langfristig abzulegen, ist ein intensives Training und eine Festigung eurer Beziehung und auch Rangordnung grundlegend. Dein Pferd soll neu aufgestellte Grenzen und Regeln annehmen, die du ihm vermittelst. Während eurer Arbeit solltest du dich zu keinem Zeitpunkt in Gefahr begeben. Am besten informierst du dich über Trainer in deiner Umgebung, die Erfahrungen mit Verhaltensproblemen bei Pferden haben und arbeitest anschließend in professioneller Begleitung an der „Baustelle“ deines Vierbeiners. Auch wenn du dein Pferd natürlich am besten kennst, kann ein Trainer eventuelle Hintergründe aufdecken und euch gemeinsam im Umgang beobachten.


KristinaKristina Ziemer-Falke ist zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensberaterin durch die Tierärztekammer Schleswig-Holstein und das Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Darüber hinaus verfügt sie über viele Zusatzausbildungen und Schwerpunkte und ist im Prüfungsausschuss der Tierärztekammer Niedersachsen für die Hundetrainerzertifizierungen.
Mit ihrem Mann Jörg Ziemer gründete sie das Schulungszentrum Ziemer & Falke, in dem sie seit vielen Jahren mit viel Herz, Leidenschaft und Kompetenz Hundetrainer in ganz Deutschland ausbilden und viele Weiterbildungsangebote anbieten. Viele kennen Kristina außerdem als erfolgreiche Autorin von Fachbüchern für Hundetrainer und Hundehalter sowie aus Artikeln beliebter Hundezeitschriften.


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