Stute, Hengst oder Wallach: Wer passt zu mir?
Die Stute – der Hauch einer Diva…
Stuten gelten unter Pferdekennern eher als „zickig“ – aber natürlich gibt es auch hier Ausnahmen im Vergleich zu ihren männlichen Artgenossen. Tja, dieses Verb wird wohl vielen weiblichen Vertretern zugeteilt – also auch bei uns Menschen ist dies nicht ganz unbekannt… Pferdekenner schauen Pferden meist nur ins Gesicht, um zu erkennen, dass es sich um eine Stute handelt. Der Blick, die Augen, der weibliche Gesichtsausdruck der Stute verrät hier meist schon das Geschlecht.
Wandern wir den Kopf weiter herunter, landen wir beim Hals der Stute, der im Vergleich zu einem Hengst und einem Wallach schlanker ist. Kommt die Stute in Rage wird nicht gekämpft, wie es männliche Vertreter tun, sondern ein arttypisches Quieken ist zu hören. Stuten drücken sich untereinander weg und haben, sofern sie in einer Herde gehalten werden, schneller auch immer mal die eine oder andere Auseinandersetzung. Möchtest du also mehrere Pferde halten, wähle die Anzahl der Stuten so, dass alle stressfrei und entspannt zusammenleben können, da ständige Diskussionen untereinander den Stresspegel erhöhen. Stuten wünschen sich meist eine größere Individualdistanz zueinander. Auch zeigen sie ein anderes Spielverhalten. Sie toben sich meist nicht so aus, wie es Wallache untereinander tun. Das Spielverhalten sieht „manierlicher“ aus.
Tja, in jeder Stute steckt wohl eine kleine Diva. Das zeigen sie auch im Training gerne. Stuten mischen gerne mit und setzen oft ihr hübsches Köpfchen ein und prüfen gut, ob diese Übung nun Sinn macht und auch, ob heute der richtige Tag für diese Übung ist. Fühlen Sie sich wohl, läuft die Kommunikation rund und ist „alles Paletti“, so merkst du, dass sich deine Stute wiederum auch ganz und gar auf dich und die Übung einlässt. Vergessen darfst du auch den Zyklus nicht – hier kann es zu Schwankungen in ihrem Verhalten kommen.
Der Hengst – wirklich „dominant“?
Hengste erkennt man meist von Weitem schon durch ihren großen Hals und eine üppige Mähne – wunderschön anzusehen. Hengste besitzen ihre männlichen Hormone, die sie zu dem machen, was sie sind: männlich! Dazu gehört auch die Bereitschaft, aggressiveres Verhalten zu zeigen oder ein stärkeres Sexualverhalten. Dies ist von der Natur aus so gewünscht. Ein Hengst ist durch diesen Hormonhaushalt aber keine Gefahr für andere, sondern auch hier hatte Mutter Natur einen guten Plan. Durch ihren Mut – bedingt durch die Unterstützung der Hormone – können sie die Herde beschützen. Kommt es zu einer ernsthaften Auseinandersetzung, so geschieht dies stark ritualisiert mit Imponier- und Kampfverhalten, was den Hengst vor Verletzungen schützt. Im Umgang mit dem Menschen testet der Hengst das eine oder andere Mal gerne seinen Reiter oder Trainer. Eine Art Abchecken, was jedoch keinen offensiven Charakter hat, sondern oftmals subtil geschieht. Schön ist zu beobachten, dass du einen Hengst durch Klarheit, Souveränität und Konsequenz korrigieren kannst. Eine Antwort, mit der ein Hengst sehr gut umgehen kann und die er wahrscheinlich auch erwartet, wenn er dir vertrauen soll. Mit Druck und Gewalt spürst du nur Gegengewalt deines Pferdes. Kommt es also zu einem kleinen Check durch deinen Hengst, frage dich im ersten Schritt, wie du in der Situation selbst gestimmt warst. Vielleicht reicht es dann schon, deine Stimmung anzupassen und die Übung klappt.
Der Wallach – irgendwo dazwischen?
Wallache sind kastriere Hengste. Die Produktionsstätte der (meisten) männlichen Sexualhormone wird genommen. Dennoch ist oft der Zeitpunkt bestimmend, zu dem ein Hengst kastriert (“gelegt”) wird und damit zu einem Wallach wird. Lebt er lange als Hengst, zeigt er die bis dahin erlernten Verhaltensweisen eines Hengstes, als auch körperliche Merkmale später stärker, als ein Hengst, der bereits früher gelegt wurde. Wallache werden immer wieder als nett beschrieben, der entspannte Pol einer Herde sozusagen. Auch spielen Wallache sehr gerne – und das bis ins hohe Alter. Auch macht das Training sehr viel Freude, da ihnen eine Leichtführigkeit nachgesagt wird.
Natürlich sind das nur Orientierungspunkte und wie zu Beginn erwähnt, wird das Pferd nicht nur durch sein Geschlecht, sondern auch durch sein Verhalten beeinflusst. So macht es bei der Auswahl des Pferdes Sinn, seine bisherige Lebensgeschichte zu erfahren und diese auch mit den eigenen Bedürfnissen abzugleichen. Ganz wichtig ist aber auch das persönliche Bauchgefühl. Das sollte letztlich auch eine Rolle spielen, ob die Chemie stimmt und die Motivation groß ist, die Verantwortung für dieses Individuum übernehmen zu wollen.
Kristina Ziemer-Falke ist zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensberaterin durch die Tierärztekammer Schleswig-Holstein und das Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Darüber hinaus verfügt sie über viele Zusatzausbildungen und Schwerpunkte und ist im Prüfungsausschuss der Tierärztekammer Niedersachsen für die Hundetrainerzertifizierungen.
Mit ihrem Mann Jörg Ziemer gründete sie das Schulungszentrum Ziemer & Falke, in dem sie seit vielen Jahren mit viel Herz, Leidenschaft und Kompetenz Hundetrainer in ganz Deutschland ausbilden und viele Weiterbildungsangebote anbieten. Viele kennen Kristina außerdem als erfolgreiche Autorin von Fachbüchern für Hundetrainer und Hundehalter sowie aus Artikeln beliebter Hundezeitschriften.