Faszinierende Evolution
Im Laufe der bisherigen Evolution haben sich innerhalb der Gruppe der Ameisen einige beeindruckende Besonderheiten entwickelt, die im Tierreich einzigartig sind. Beispielsweise transportieren Blattschneiderameisen Unmengen an pflanzlicher Masse, wie Gras oder Blätter ins Nest. Sie fressen diese Biomasse allerdings nicht, sondern zerkauen sie und verwenden sie als Substrat, um darauf einen speziellen Pilz aus der Gattung der Egerlingsschirmlinge (Leucoagaricus) wachsen zu lassen, von dem sie sich ernähren. Diese Ameisen betreiben sozusagen einen „Pilzgarten“.
Auch die Honigtopfameisen sind eine wahre Besonderheit: Diese werden so genannt, weil ein Teil der Arbeiterinnen von Artgenossinnen gefüttert werden. Die versorgten Tiere verwerten aber das aufgenommene Futter nicht unmittelbar, sondern bewahren die zuckerhältige Lösung („Honig“) in ihrem Hinterleib auf. Die besagten Ameisen sitzen bewegungslos an der Decke des Ameisenbaus und harren als „Honigtopf“ der Dinge. Bei Bedarf, z. B. bei Nahrungsknappheit, wird die gespeicherte Nahrung wieder an andere Arbeiterinnen abgegeben und die „Honigtöpfe“ selbst wieder bewegungsfähig.
Eine dritte beeindruckende Gruppe stellen die Treiberameisen dar. Diese zeichnen sich durch räuberische Nahrungsstreifzüge aus, an denen häufig bis zu hunderttausend Individuen teilnehmen und bei denen sogar größere Beutetiere zum Opfer fallen. Auch das gesamte Nest samt Brut zieht regelmäßig um und wechselt den Standort. Daher werden sie auch Wanderameisen genannt.
Aber nicht nur diese exotischen Besonderheiten sind der Rede wert, auch unsere heimischen Ameisen weisen faszinierende Fakten vor. So halten zahlreiche Arten Läuse als „Nutztiere“, um wertvollen Honigtau zu ernten. Dabei verteidigen sie ihre „Kühe“ sogar vor größeren Feinden, wie beispielsweise Marienkäfern.
Ein paar Anmerkungen zur Biologie
Ameisen bilden den bisherigen Höhepunkt der Evolution sozialer Insekten und leben in einem Staat, einer sogenannten Kolonie, zusammen. Diese umfasst neben einer oder mehreren Königinnen,
Ameisen und ihre Rolle im Ökosystem
Häufig werden Ameisen eher abschätzig behandelt. Als „Zuckerräuber“ sind sie unbeliebt. Der Griff zum Insektengift liegt leider bei vielen menschlichen Zeitgenossen sehr nah. Dabei erfüllen Ameisen besonders wichtige Rollen in verschiedenen Ökosystemen. Als Jäger und Aasverwerter dezimieren sie Schadinsekten oder vertilgen tote Tiere, zersetzen diese weiter und machen sie somit als Biomasse für den Nährstoffkreislauf verfügbar.
Ebenfalls besonders bedeutsam ist die Verbreitung von Pflanzensamen durch Ameisen: Angepasste Pflanzensamen werden verschleppt. Diese besagten Samen verfügen über Anhänge, die reich an Lipiden, Kohlenhydraten, Proteinen, Stärke und Vitaminen und von daher für Ameisen hochattraktiv sind. Beim Transport zum Nest werden häufig die Anhänge bereits auf dem Weg verzehrt und der Samen liegen gelassen oder aber der Anhang wird erst im Nest verzehrt und der Samen im Anschluss aus dem Nest entfernt. In beiden Fällen kann der Samen keimen und trägt so zur Verbreitung der Pflanze bei. In einigen europäischen Laubwäldern sind 30 – 40 % aller krautigen Pflanzen auf Ameisen zur Samenverbreitung angewiesen (z. B.: Viola, Corydalis, Ajuga, Hepatica, Melica, Silene, Anemone etc.).
Einige Ameisen, wie z. B. die Gelbe Wiesenameise, bauen riesige Nester unter der Erde und durchlüften dabei den Boden, wovon insbesondere Pflanzen stark profitieren. In manchen Gegenden schichten Ameisen ebenso viel Erde um wie Regenwürmer!
Auch die Trophobiose ist ein nennenswerter Aspekt: Als Trophobiose bezeichnet man die Wechselbeziehung zu Honigtauerzeugern, also um eine symbiotische Beziehung zwischen einem Lebewesen, das Nahrung
Ameisen als Haustiere?
Viele Leute im Verwandten- und Bekanntenkreis haben sich etwas irritiert geäußert, als ich ihnen erzählt habe, dass ich mir Ameisen als Haustiere zugelegt habe. Als ich mich dann beim Schwarmflug im vergangenen Jahr auf die Suche nach begatteten Königinnen gemacht habe, waren manche kurz davor, Hilfe für mich zu organisieren. Nachdem ich aber im Vollbesitz meiner geistigen Fähigkeiten meiner Begeisterung Worte verliehen habe, wurde der Arzt doch nicht gerufen.
Für mich sind Ameisen faszinierende Geschöpfe, da sie in riesigen Gruppen zusammenleben und eine strenge Ordnung samt Arbeitsteilung leben. Bei Ameisen zählt nur die Gemeinschaft, der Einzelne ist nur als Teil des Kollektivs bedeutsam. Die Königin legt zwar Eier und sorgt für das Wachstum der Kolonie, sie wäre aber ohne ihr „Volk“ ziemlich aufgeschmissen. Somit ist auch sie nur ein Teil des Gesamtsystems und nicht „überragend“.
Einige heimische Arten sind auch für Anfänger der Terraristik geeignet und können problemlos gehalten und gepflegt werden. Will man auch bei einer kleinen Koloniegröße mit bloßem Auge etwas erkennen können, so empfehle ich die Art „Braunschwarze Rossameise“, eine der größten heimischen Spezies.
Hinweise zur Haltung
In der gebotenen Kürze kann ich dir hier nur ein paar grundsätzliche Hinweise und Empfehlungen geben, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Zur Haltung benötigst du im Prinzip ein besonderes Terrarium (hier: Formicarium),
Fazit
Hat einem erst einmal das Ameisenfieber gepackt, wird man in verschiedensten Internetforen und Plattformen auf zahlreiche Gleichgesinnte stoßen, mit denen man über sein „Hobby“ fachsimpeln kann. Bei der großen Anzahl an zur Haltung geeigneten Arten gibt es immer Neues zu berichten und Vieles zu entdecken! Und eines kann ich dir versichern: Der Blick in den eigenen Garten und in die Natur vor den heimischen vier Wänden wird definitiv ein anderer sein! Du wirst überrascht sein, wie viele Kolonien in deinem näheren Umfeld daheim sind, wo genau sie leben, was sie fressen, wann sie sich paaren, usw., um nur ein paar Dinge zu nennen.
Michael Freund ist hauptberuflich Lehrer an einer bayerischen Mittelschule mit einem Faible für die belebte Natur. In seinem Studium absolvierte er Biologie als Didaktikfach. Nebenbei engagiert er sich als Autor für diverse Zeitschriften und ist tatkräftiges Mitglied in verschiedenen Vereinen, unter anderem bei den „Sukkulentenfreunden Passau“.