Besuchs- und Therapiehunde: Wau, tut das gut!

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Hunde tun uns Menschen gut. Nicht nur, weil auch Herrchen und Frauchen sich beim „Gassi gehen“ bewegen müssen und an die frische Luft kommen. Tiere sind im doppelten Sinne etwas „fürs Herz“: Hundehalter leben erstens gesünder, der Kreislauf wird gestärkt, der Blutdruck gesenkt. Das senkt schon auf körperlicher Ebene das Risiko eines Herzinfarktes. Diese Wirkung ist seit den 70er Jahren belegt. Darüber hinaus ist als weiterer Effekt seit damals in zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten festgestellt worden, dass Körperkontakt und Interaktion mit dem Hund auch zu einer Steigerung des emotionalen Wohlbefindens führt. Wie du aus eigener Anschauung weißt, erfahren wir dabei Zuwendung, Aufmerksamkeit, Trost und Ermutigung. Stress und Angst, weitere Risikofaktoren für unser Herz, können so abgebaut werden. Hunde können als Gesprächsthema dienen und Anlass für eine Kontaktaufnahme sein. Sozialkontakte zu knüpfen fällt damit auch schüchternen Menschen leichter. Dazu muss der Hund nicht einmal der eigene sein: Die unmittelbaren Wirkungen auf die Seele durch reinen Kontakt treten auch ohne die mit der Hundehaltung verbundenen gesunden Alltagsgewohnheiten ein. Deshalb gibt es Besuchshunde, die in Altenheimen und Krankenhäusern, in Schulen und Hospizen für Freude und Abwechslung sorgen. Zudem setzen beispielsweise Physiotherapeuten und Psychotherapeuten Therapiehunde im Rahmen ihrer Arbeit gerne ein.

Wer kommt denn da? Besuchshunde

Je nach Einsatzort verspricht man sich vom Besuchshund natürlich unterschiedliche Arten positiver Effekte: In Schulen und Kindergärten soll der Umgang mit dem Besuchshund auch dazu beitragen, Kindern ein besseres Verständnis von Hunden allgemein und daher einen sichereren Umgang mit Hunden im Alltag zu vermitteln. Im Hospiz, Krankenhaus oder im Altenheim stehen dagegen insgesamt Körperkontakt und Gespräche im Vordergrund. Soweit die körperliche Konstitution der besuchten Personen es zulässt, finden aber natürlich auch dort Spaziergänge und Aktivitäten statt.

Damit dies für alle Beteiligten, Menschen UND Hund, wirklich schöne und entspannende Besuche werden, kann oder besser gesagt sollte nicht jeder Hund einfach von jedem überall eingesetzt werden. Die für die Einrichtung der Besuche in den jeweiligen Institutionen verantwortlichen Personen lassen sich daher in den meisten Fällen eine entsprechende Qualifikation des einsatzwilligen Mensch-Hund-Teams nachweisen: Der Besuchshund und sein Besitzer durchlaufen eine Besuchshunde-Ausbildung bei dafür qualifizierten Ausbildern. Sie werden als Besuchshunde-Team eingesetzt. Die Hunde müssen vor der Ausbildung in den meisten Fällen einen Eignungstest durchlaufen. Ein im Wesen selbst auffälliger und unsicherer Hund, der nur sehr schwer Kontakt mit neuen Menschen aushält, macht niemandem Freude und wird womöglich durch Überforderung und Angst selbst zur Gefahr. Nebst dazu leidet dieser Hund selbst und der Stresspegel erhöht sich bei ihm auch unnötig.

In der Ausbildung lernt der Hundehalter, wie er seinen Hund bei dessen Training am besten fördert und unterstützt. Der Hund selbst sollte natürlich über einen guten Grundgehorsam verfügen und die entsprechenden Signale zuverlässig beherrschen. Der Mensch lernt, seinen Hund besser zu „lesen“, um später im Einsatz rechtzeitig zu erkennen, wann der Hund an seine Grenzen kommt und gestresst reagieren könnte. Viele Ausbildungen berücksichtigen auch hygienische und medizinische Aspekte, zum Beispiel welche Krankheiten vom Hund auf den Menschen übertragen werden könnten und umgekehrt. Rechts- und Organisationsfragen rund um Besuchseinsätze stehen auch im Stundenplan umfassender Ausbildungsgänge.

Wenn das Besuchshund-Team so gut vorbereitet ist, werden sich nicht nur besuchte Kinder und Patienten freuen. Auch der Hund wird es genießen, bei den Besuchen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Er wird körperlich ausgelastet und geistig gefordert – und dafür auch noch mit Streicheleien und Leckerchen belohnt! Du als Halter deines Besuchshundes kannst dir sicher sein, nicht eines Tages zu einem gelangweilten, trägen Hund nach Hause zu kommen, dessen körperliche Ausdauer gerade noch für 5 Meter Spaziergang bis zum nächsten Baum reicht.

Therapeuten ohne Kittel – Therapiehunde

Wenn schon ein Besuchshund im Krankenhaus heilen hilft, was macht dann einen Hund zum Therapiehund? Während der Besuchshund in die jeweilige Einrichtung kommt und durch seine schlichte Anwesenheit wirkt, wird ein Therapiehund gezielt zum Beispiel von einem Heilpädagogen oder einem Ergotherapeuten bei der Behandlung oder sogar schon vorher im Rahmen der Diagnostik eingesetzt. Die sogenannte „hundegestützte Therapie“ gilt unter ihren Anwendern als besonders effektiv im Bereich der Psychodiagnostik. Gerade dort, wo durch beispielsweise Autismus, Gehörlosigkeit und Sprachstörungen die herkömmliche Form der Kommunikation über Sprache unmöglich oder stark erschwert ist, wird der Zugang zum Patienten über den Hund ein großes Stück leichter.

Eine Therapiehundeausbildung ist nicht grundsätzlich verschieden von einer Besuchshundeausbildung. Aber bei einem Hund, der gezielt in der Arbeit mit Menschen mit starken körperlichen und geistigen Einschränkungen eingesetzt werden soll, ist die Wahrscheinlichkeit noch größer, häufig mit unerwarteten Verhaltensweisen dieses Menschen konfrontiert zu werden. Manche Krankheitsbilder gehen beispielsweise mit plötzlichen Schreien oder scheinbar anlasslosen ruckartigen Bewegungen einher. Der Hund sollte darauf nicht mit Angst, Stress und dann womöglich gar Aggression reagieren. Er muss zudem damit umgehen können, auch mal etwas rauer „gestreichelt“ zu werden oder versehentlich gerempelt zu werden. Das gilt zwar auch für den Besuchshund im Kindergarten, aber da sind die Größen- und Gewichtsverhältnisse häufig anders verteilt. Auf solche und ähnliche Besonderheiten des von Halter und Therapeuten gewünschten Einsatzschwerpunktes geht eine gute Therapiehundeausbildung ein und vermittelt so das nötige Rüstzeug für das Therapiehunde-Team.

Und natürlich kann auch ein perfekt ausgebildeter Hund ohne einen ausgebildeten Therapeuten nicht Teil einer „tierunterstützten Therapie“ werden.

Gar nicht albern: Nach einem Unfall „Peng“ rufen!

Zugegeben, das funktioniert nicht überall. Aber in Essen. Dort arbeitet Peng, eine besondere Art Therapiehund. Die kleine Mischlingshündin begleitet als Opferschutzhund der Essener Polizei die Beamten zum Einsatz oder zu Vernehmungen. Unfallopfer und Unfallzeugen stehen häufig noch unter Schock. Gerade bei Kindern hilft Peng, Ängste abzubauen, Kontakt aufzunehmen und damit einen möglichst schonenden Einstieg in die leider möglichst bald notwendige Befragung zum Unfallhergang zu finden. 2017 startete NRW das Pilotprojekt „Opferschutzhund“ in Essen. Pilotin Peng ist so erfolgreich durchgestartet, dass sie nun dauerhaft Teil des Teams der Essener Polizei bleibt.


KristinaKristina Ziemer-Falke ist zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensberaterin durch die Tierärztekammer Schleswig-Holstein und das Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Darüber hinaus verfügt sie über viele Zusatzausbildungen und Schwerpunkte und ist im Prüfungsausschuss der Tierärztekammer Niedersachsen für die Hundetrainerzertifizierungen.
Mit ihrem Mann Jörg Ziemer gründete sie das Schulungszentrum Ziemer & Falke, in dem sie seit vielen Jahren mit viel Herz, Leidenschaft und Kompetenz Hundetrainer in ganz Deutschland ausbilden und viele Weiterbildungsangebote anbieten. Viele kennen Kristina außerdem als erfolgreiche Autorin von Fachbüchern für Hundetrainer und Hundehalter sowie aus Artikeln beliebter Hundezeitschriften. Als Dozentin ist Kristina Ziemer-Falke sehr gefragt und deutschlandweit auf Seminaren und Vorträgen zu Themen rund um den Hund anzutreffen.


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